Neuer Name: NWRV -- "Hör Zu!" Nr. 16 / 1956, S. 2:
Ein neuer Name im Äther: NWRV - die Abkürzung für den Nord- und Westdeutschen Rundfunk-Verband,
der an die Stelle des früheren NWDR-Fernsehens getreten ist. Die Fernseh-Teilnehmer kennen die Abkürzung
schon. Seit dem 1. April melden sich die Ansagerinnen mit dem nicht gerade kurzen Hinweis: "Hier ist das
Fernsehen des Nord- und Westdeutschen Rundfunk-Verbandes."
Fernsehen? Nie gesehen! -- "Hör Zu!" Nr. 16 / 1956, S. 2:
Fast 20 Prozent der Bevölkerung im Bereich des Süddeutschen, des Bayerischen, des Hessischen Rundfunks
und des SWF haben noch nie eine Fernseh-Sendung gesehen.
Ober-Aufsichtsorgane? -- "Hör Zu!" Nr. 16 / 1956, S. 2:
Ein Dutzend Millionen ist ein schöner Batzen. Wer das Geld in die Hände bekommt und verwalten muß,
wird sich einige Sorgen machen, ob er alles gut bedenkt, damit er keinen Fehler begeht; ob er alles rechtzeitig tut,
damit kein Pfennig verlorengeht.
Solche Sorgfalt ist besonders am Platze, wenn es sich um öffentliche Gelder handelt. Wenn, beispielsweise,
mehrere hunderttausend Menschen jeden Monat fünf Mark zahlen, wodurch im Lauf eines Jahres jene zwölf
Millionen zusammenkommen.
Zwölf Millionen: Das ist der Fernseh-Etat im Bereich des Nord- und Westdeutschen Rundfunks für die Zeit
vom 1. April 1956 bis zum 31. März 1957.
An dem Tag, da diese Zeilen geschrieben werden, und auch an dem Tag, da sie gedruckt erscheinen, ist dieser Etat
noch nicht ordnungsgemäß genehmigt. Das Fernsehen des NDR / WDR kann also "eigentlich" noch
garkein Geld ausgeben. "Eigentlich" können die Fernseh-Leute noch garnicht disponieren. Denn niemand
weiß, ob er die Gelder auch erhalten wird, mit denen er rechnet.
Wie ist so etwas möglich? Wir sind doch nicht in einem Fernseh-Urzustand, und die Programmleute sind doch nicht
die vielzitierten "ersten Menschen", in deren Dasein es noch drunter und drüber geht!
Stellen wir fest:
Man weiß seit langem, daß der Fernseh-Programmdienst im Etatsjahr 1956/57 weitergehen wird. Da man
das weiß, muß er Geld erhalten. Und es muß ein Plan aufgestellt werden, der angibt, wie das Geld
verwendet werden soll. Dieser Plan ist im November 1955 aufgestellt worden. Seit dieser Zeit konnten ihn die
Aufsichtsgremien diskutieren, ändern, umbauen, erweitern, kürzen - sie hatten vier Monate Zeit dazu.
Die Aufsichtsorgane befassen sich mit einem solchen Fernseh-Etat nicht zum erstenmal, sind also keine
Neulinge auf diesem Gebiet.
So bleibt die Frage offen: Wie kommt es, daß die Instanzen (die Aufsichtsgremien nämlich), die darauf
achten sollen, daß alles ordnungsgemäß vorbereitet wird, daß alles pünktlich
abläuft - wie kommt es, daß sie selber ihre Termine nicht einhalten?
In diesen Aufsichtsgremien sitzen Vertreter der Öffentlichkeit. Versagen die Vertreter?
Oder hat die Öffentlichkeit versagt, die diese Vertreter bestimmt hat? Es sind doch Anwälte darunter, die
die gewohnt sind, mit Terminen zu rechnen. Finanzexperten, die gewohnt sind, Etats aufzustellen. Hohe
Beamte, die gewohnt sind, Verwaltungs- und Aufsichtsfunktionen sehr ernst zu nehmen.
Ein Dutzend Millionen - man sollte meinen, damit müsse sehr sorgsam umgegangen werden. Zumal es sich
um öffentliche Gelder handelt. Unter den Begriff der Sorgfalt fällt auch - und das meinen wir hier -
die rechtzeitige Verabschiedung des Etats. Das ist nicht gesehen. So daß sich die Frage erhebt, ob nicht
auch die Aufsichtsorgane noch Aufsichtsorgane brauchten... .
-HZ, "Hör Zu!"-
Farbfernsehen in Frankreich -- "Hör Zu!" Nr. 18 / 1956, S. 2:
Eine interne Farbfernseh-Sendung wurde in Paris gezeigt. Der technische Direktor des französischen Fernsehens
erklärte dazu, in absehbarer Zeit sei in Frankreich nicht mit der Einführung
des Farbfernsehens zu rechnen.
Automatische Herstellung -- "Hör Zu!" Nr. 18 / 1956, S. 2:
Frage eines Lesers: Man erzählte mir, daß es automatische Fabriken für die Herstellung von
Fernseh-Empfängern gibt. Wirft man oben die Röhren und Widerstände hinein, um dann unten die
fertigen Geräte herauszunehmen? So ist es doch wohl kaum.
Antwort der "Hör Zu!": Nein, leider nicht. Trotzdem ist die Einsparung an Kosten und Arbeitskräften
bei den ersten Fabriken dieser Art in den Vereinigten Staaten beachtlich. Voraussetzung dafür ist eine sehr
große Serie - von jeder Empfängertype müssen einige hunderttausend Stück gefertigt werden.
Die Automatisierug der Produktion betrifft vorwiegend das maschinelle Einfügen von Widerständen,
Kondensatoren und Röhrensockeln in die Teil-Chassis mit "gedruckten Schaltungen". In einige Empfänger
werden so bis zu Dreiviertel der genannten Bauteile ohne menschliche Hilfe eingesetzt. Auch die Prüfung der
fertigen Geräte erolgt zum überwiegenden Teil vollautomatisch. Und wo bleibt der Mensch? Er hat alle
Hände voll zu tun, um die komplizierten Einrichtungen und Maschinen zu ersinnen, zu bauen und sie vor
allem funktionsfähig zu halten.
Brigitte Bardot -- "Hör Zu!" Nr. 19 / 1956, S. 2:
Brigitte Bardot, letzter Schrei des französischen Films (mit dem Gesicht einer Elfe und der Figur eines
Leuchtkäfers), besuchte in Paris einen Kosmetiksalon. Rein - und gleich wieder raus! Was war geschehen?
Brigitte rollte ihre Koboldaugen. "Man will mir eine Sektpackung aufs Gesicht legen und die Haare mit
Bier waschen! Das ist kein Schönheitssalon, das ist eine Kneipe!"
Was wird gespielt? -- "Hör Zu!" Nr. 20 / 1956, S. 2:
Der Vorsitzende des Kuratoriums des Nord- und Westdeutschen Rundfunkverbandes hat auf einer Pressekonferenz bekanntgegeben,
daß der Fernseh-Etat 1956/57 in Höhe von 12 Millionen Mark ausschließlich aus Fernseh-Gebühren
aufgebracht werden wird. Das ist eine erfreuliche Tatsache. HÖR ZU! hat schon vor längerer Zeit darauf
hingewiesen, daß eine solche Selbstfinanzierung möglich sein müsse. Die offizielle Verlautbarung
bestätigt jetzt die Richtigkeit dieser Ansicht.
Der Vorsitzende erklärte auch, schon aus (den genannten) finanziellen Gründen sei für den NWRV die
Einführung des Werbefernsehens nicht akut.
In Bayern tun Rundfunk- und sonstige Kreise dagegen so, als werde und müsse das Werbefernsehen schon morgen
beginnen. Eigentlich müßten die Intendanten oder die Vorsitzenden der Aufsichtsgremien zu solchen Problemen
Stellung nehmen - in Bayern führen Verwaltungsleiter in dieser Frage das Wort. Dieselben Verwaltungskreise,
die sich vom NWRV-Fernseh-Intendanten einen interessanten Vergleich sagen lassen müssen:
Beim NWDR mit rund 250 000 Fernseh-Teilnehmern kostet die Programm-Minute 168 Mark - beim Bayerischen
Rundfunk mit rund 30 000 Fernseh-Teilnehmern kostet dieselbe Programm-Minute 268 Mark!
Man möchte glauben, das Bestreben jedes für die Finanzen Verantwortlichen (Fernseh-Gebühren sind
öffentliche Gelder!) sei darauf abgestellt, diese erstaunliche Differenz zu beseitigen. Es sieht aber garnicht
so aus! Allerdings läßt der Bayerische Rundfunk durchblicken, er hätte die zusätzlichen
Einnahmen aus Reklamedurchsprüchen im Fernseh-Programm für seinen Etat nicht nötig. Er möchte
sie - für kulturelle Zwecke verwenden. Das heißt also: Die Fernseh-Abteilung erweitert ihre Räume,
nutzt ihre Apparaturen und Menschen stärker ab, um der Kultur zu dienen.
Von einer klärenden Absprache unter allen Rundfunk-Anstalten über dieses Problem wird nicht
besonders gesprochen. - Weshalb auch?
Der Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks verhandelt über diese Frage in nichtöffentlicher Sitzung.
- Weshalb auch nicht?
Die Arbeitsgemeinschaft der Rundfunk-Anstalten (--gemeint ist hier wohl die ARD; d.Erf.--) hat einen Ausschuß
für Werbefernsehen eingesetzt. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen liegen noch nicht vor. - Weshalb soll
man sie abwarten?
Wundert man sich, wenn Wirtschaftskreise - zum Beispiel die Zeitungsverleger - heute sagen: Wenn die Monopol-Anstalten
glauben, alle Rechte für sich allein in Anspruch nehmen zu können, so dürfte das ein Irrtum sein -?
Wie wäre es, wenn Wirtschaftskreise von sich aus den Gedanken ventilierten, eine Fernseh-Lizenz zu beantragen?
Wenn es sich dabei um Gruppen handelt, die als Publizisten einen Namen haben und als ältester Teil der
Publizistik eine Macht darstellen, dürften sie nicht alleinstehen!
Zwei Fernsehprogramme -- "Hör Zu!" Nr. 20 / 1956, S. 53:
Frage eines Lesers: Mein Sohn schrieb mir nach einem Besuch in Zürich begeistert, daß seine
Gastgeber mit ihrem Fernsehgerät zwei Programme aufnehmen können: das schweizerische und auch das
deutsche Programm. Wie ist das möglich? (--mit "aufnehmen" ist hier wohl "empfangen"
gemeint; d.Erf.--)
Antwort der "Hör Zu!": Wenn der Züricher Fernseh-Teilnehmer nicht zu ungünstig wohnt und
Geld für eine zweite, gute Fernseh-Antenne ausgibt, kann er mit einfachem Umschalten am Kanalwähler
des Empfängers entweder den Züricher Fernsehsender auf dem Uetliberg (Kanal 3) oder den Fernsehsender
Feldberg/Schwarzwald (Kanal 8) aufnehmen). Dieser deutsche Sender ist nälich nur 70 Kilometer von
Zürich entfernt.
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