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Wir stellen vor: Gert Fröbe -- "Hör Zu!" Nr. 33 / 1949, S. 2: --(erfasst von TJ)--

Erich Kästner nannte ihn nach seinem Gastspiel im Münchener "Simpl" den deutschen Jean-Louis Barrault. Wahrscheinlicher ist, daß Gert Fröbe aus der Morgensternschen Sippe der Palmströms stammt. Heißt es doch von Korf, dem kauzischen Bruder Palmströms: "Das Schwirren eines aufgeregten Sperlings begeistert Korf zu einem Kunstgebilde, das nur aus Blicken, Mimen und Gebärden besteht."

Genau dasselbe treibt Fröbe. Wobei es vor allem wie Palmström liebt, Tiere nachzuahmen. Plötzlich hält er als Schnecke einen fistelnden Monolog voll mikrokosmischer Verzweiflung. Als steinalte Schildkröte verflucht er die Umwelt und den schlechten Salat. Jedesmal ist die Verwandlung vollkommen. Im Örtchen Miesbach ging das so weit, daß eine Frau ihren Mann festhielt, als sie eine Schnecke am Wegrand sah: "Gib acht und tritt den Fröbe net tot!"...

Seine Lebensstammrolle wurde 1913 in Planitz bei Zwickau angelegt. Als Knabe spielte er im Sender Leipzig mit Marinebluse Beethovens F-dur-Romanze. Dem jungen Mann verlieh man den Sächsischen Staatspreis für bildende Künste, Abteilung Malerei. Erich Ponto riet zum Schauspielunterricht trotz des sächsischen Dialekts. Das Burgtheater-Engagement steckte gerade in seiner Tasche, als der Briefträger den Gestellungsbefehl brachte. Nach dem Zusammenbruch Heimkehr und kabarettistische Gehversuche in Münchens "Gonghaus" mit R.A. Stemmle.

Dann endlich kommt die Rolle, die seinen Namen bis nach Hollywood trug: Der Otto Normalverbraucher in dem skurrilen Filmkabarett "Berliner Ballade". "Wenn er den Finger an die Nase legte, war das so komisch, daß man vor Bewunderung das Lachen vergaß", schrieb die Kritik. Von der Paramount kamen gleich nach der Uraufführung der "Ballade" Vertragsangebote, die Hauptrollen im "Ulenspiegel" nach de Coster und in Haseks "Braver Soldat Schwejk" zu übernehmen.

Fröbe hat noch nicht zugesagt. Im Augenblick packt er einen Koffer für die Fahrt zur Biennale nach Venedig. Sein Wahlspruch: "Die Narren dürfen nicht aussterben". Karl Valentin hatte ihm das wenige Tage vor seinem Tode ins Ohr geraunt.
-gw- ("Hör Zu!")


Der indiskrete Zauberspiegel -- "Hör Zu!" Nr. 37 / 1949, S. 6: --(erfasst von TJ)--

Fernseh-Kameras sehen mehr, als sie sollen

Es gibt schon eine Fernseh-Fabel, die nun schon mehr als ein Jahrzehnt alt ist. Aber sie wird immer wieder aufgewärmt. Wenn jemand - so heißt es - in roter Kleidung vor einer Fernseh-Kamera steht, dann bekommen die Fernseh-Teilnehmer daheim den Eindruck, als habe der Betreffende oder die Betreffende - nichts an. Und zwar deshalb, weil...

Nun, hier stockt der Erzähler, denn diese Fabel läßt sich technisch nicht erklären. Sie ist eben nur - eine Fabel. Das Elektronen-Auge der Fernseh-Kamera gibt nicht etwa eine Art Röntgenbild wieder, sondern läßt intensives Rot - schwarz erscheinen.

Der Sinn dieser "Story" ist allerdings richtig; die moderne Fernsehkamera sieht mehr, als sie sehen soll. Das hat Licht- und Schattenseiten. Denn dieses "Mehrsehen" hat sich, vorerst in Amerika, zu einem juristischen Problem entwickelt. Die Fernseh-Gesellschaften halten sich deshalb eigene Rechts-Abteilungen. Und es laufen viele Prozesse, die zwar für die Allgemeinheit bedeutungslos, aber von brennendem Interesse sin.

Ein Beispiel. Mr. C. verkehrt in einem kleinen Nacht-Klub mit ganz großer Musik, irgendwo in New York. Er ist dort regelmäßiger Besucher. Aber: Seine Frau weiß davon nichts. Sie soll es auch nicht wissen. Mr. C. hat stets glaubwürdige Entschuldigungen.

Bis er eines Tages einen kleinen, verhängnisvollen Fehler begeht: er übersieht, daß auf einigen Tischen kleine Karten liegen mit dem dezenten Aufdruck: "Wir machen Sie darauf aufmerksam, daß heute abend Fernseh-Aufnahmen gedreht werden und daß Ihr Tisch im Blickfeld der Kameras steht. Mr. C. läßt sich dadurch nicht stören und gönnt sich einen netten Abend. Nicht allein, versteht sich.

Drei Stunden später gibt es bei Mr. C. daheim den großen Krach. Seine Frau hatte am Fernseh-Empfänger die "Geschäftsreise" ihres Mannes mit angesehen. Es kommt zwar nicht zur Scheidung, aber Mr. C. ist das Fernsehen zunächst verleidet, weil, wie er meint, das Fernsehen in sein Privat-Leben eingedrungen ist.

Ein anderer Fall. Ein korpulenter Herr sucht unter der Markise einer Buchhandlung vor der drückenden Mittagshitze Schutz. Die Kamera des Fernseh-Reporters fängt dieses Bild ein. Damit hat sie - ohne es zu wollen - die Voraussetzungen für einen möglichen Prozeß geschaffen. Denn der Mann pfeift einen Schlager, dessen Fernseh- und Rundfunkrechte von seinem Urheber mit Argus-Augen und Argus-Ohren bewacht werden.

Was macht die Fernseh-Gesellschaft? Sie schneidet die Szene heraus, denn glücklicherweise handelt es sich nicht um eine "direkte" Sendung. Weshalb? Die Anwälte der Gesellschaft sagen: Wir wissen nicht, wie in diesem Falle die rechtliche Lage ist. Wahrscheinlich dürfen wir es tun. Aber wir wollen sichergehen. Also streichen wir die Szene lieber.

Die meisten dieser Problemchen ergeben sich bei aktuellen und direkten Sendungen. Vor allem bei jenen, die sofort "in den Äther gehen". An ihnen kann niemand mehr herumdoktern oder herumschneiden. Und so ist wie eine große amerikanische Zeitschrift schreibt - das Fernsehen im Begriff, zur gewaltigsten Klatschgeschichte unserer Zeit zu werden.

Wenn ein älterer Herr bei irgendeiner öffentlichen Veranstaltung einem jungen Mädchen freundlich einladende Blicke zuwirft, dann freut sich zwar der Fernseh-Teilnehmer, nicht aber jener Herr, der vergessen oder übersehen hat, daß er im scharf eingestellten Blickfeld einer Kamera steht.

Es wäre töricht, wollte man diesen Problemchen ein Hindernis für den ständig wachsenden Erfolg des Fernsehens in aller Welt erblicken. Aber diese Beispiele zeigen, daß die neuen Errungenschaften der Technik schneller gewachsen sind als das Verständnis der Menschen fuuml;r sie. Sie ermuntern uns, veraltete gesellschaftliche und rechtliche Anschauungen zu revidieren.

Der Mann an der Kamera ist ein Akrobat des Fingerspitzengefühls. Mit Diskretion muß er sich an "seine" Leute heranpirschen. Jederzeit bereit, einen kleinen Schwenker zu machen, um irgendeine Indiskretion oder einen peinlichen Zwischenfall bewußt zu übersehen. Trotzdem kann er zuweilen nicht verhindern, daß ein friedlicher Opa plötzlich vor der Kamera seinen dreikäsehohen Enkel aufhebt und ihn ermuntert: "Sag mal "Hallo Oma!""

Dieser Typ ist den Wochenschau- und Presse-Reportern der ganzen Welt bekannt. Jene Leute mit dem ständigen unausgesprochenen "Hoppla, hier bin ich!"

Ganz zu schweigen von den "Einfällen" gewisser Reklame-Leute, die bei Direkt-Sendungen gut aussehende Girls vor der Fernseh-Kamera zu placieren wissen, die sich dann unverhofft herumdrehen und auf ihrer Rückseite für Seife oder Kaugummi werben.

Anders liegt der Fall, wenn eine "öffentliche Person", ein Star oder ein Politiker, vor der Kamera steht. Dazu formulieren die Fernseh-Rechtsanwälte:

Eine Person von öffentlichem Interesse gibt in gewissem Maße das Recht auf, ein Privatleben zu führen. Wenn der Betreffende also im Fernseh-Funk gezeigt wird, darf er dagegen nichts einwenden. Es sei denn, daß diese Sendung unter Protektion irgendeiner Privat-Gesellschaft zu Reklamezwecken läuft.

Große Stars haben erkannt, daß Fernsehen ein Geschäft mit Zukunft ist. So hat seit kurzer Zeit eine Abwanderung von den Filmstudios in Hollywood zu den Fernsehstudios in New York eingesetzt. Komiker glaubten zu wissen, daß sie im Fernseh-Funk besser wirken. Und Hunderte von Filmkomparsen versprachen sich beim Bildfunk einen neuen Wirkungskreis. Sogar Verträge wurden gebrochen und - schon ist das Fernsehen Anlaß zu neuem Streit.

Es gibt Leute, die den Fernseh-Funk verklagen, weil er ein ihrer Meinung nach ungünstiges, ein verzerrtes Bild von ihnen bringt. Schön. Sollen sie. Vielleicht kommt der eine oder andere damit durch. Aber aus der Entfernung gesehen sind das Kinderkrankheiten. Sie dauern mitunter recht lange. Noch heute tragen unsere Filmkameras bei Freilicht-Aufnahmen ein großes Schild: "Bitte nicht in die Kamera sehen!" Aber eines Tages wird dieses Schild weder vor Film- noch vor Fernseh-Kameras hängen. Bis dahin erlaube man uns, auf die augenblicklichen Zustände in Amerika das schöne Wort anzuwenden: "Fernseh-verrückt!"

-wh- ("Hör Zu!")

Der Film sieht fern -- "Hör Zu!" Nr. 41 / 1949, S. 31: --(erfasst von TJ)--

Filmregie auf neuen Wegen

"Achtung - Aufnahme!" befiehlt der Lautsprecher. Scheinwerferlicht durchflutet den Raum. Kameras richten ihre geheimnisvoll spiegelnden Linsenaugen auf Szene 184: Ein kleines Mädchen mit einem riesigen Blumenkorb.

Das Kommando aus dem Lautsprecher hat mit einem Schlage Atmosphäre und Stimmung des Drehtages herbeigezaubert. Jedes Rädchen im komplizierten Mechanismus des Film-Studios läuft präzise und auf höchsten Touren.

Aber hier, in den Elstree-Studios von J.A. Rank, ist doch irgend etwas anders als sonst. Irgend etwas fehlt in dem äußeren Bild: Dort, wo sonst der Regisseur mit seinem Aufnahmestab als Herrscher über Menschen und Maschinen thronte, ist - ein leerer Platz. Und die vielen stillen Helfer, wie Kameraleute, Beleuchter und Inspizienten, folgen Anweisungen, die ihnen durch Kopfhörer zugehen. Es ist ein Atelier-Betrieb, wie wir in aus den Fernseh-Studios kennen.

Und das Fernsehen ist auch der Schlüssel zu diesem geheimnisvollen Treiben.

Was in den britischen Ateliers von Elstree vor sich geht, ist eine Revolution der Film-Herstellung. Der Mann, dem wir diese Revolution verdanken, heißt Maurice Gorham. Früher Journalist bei der britischen "Radio Times", im Kriege Leiter des Unterhaltungs-Programms für Alliierte Truppen, Schöpfer des "Leichten Programms" der BBC und nach dem Kriege Fernseh-Chef in London. Es scheint, als sei Gorham für den etwas verstaubten britischen Fernseh-Dienst ein zu hochtouriger Motor gewesen. Denn kurze Zeit später stieg er in die Film-Ateliers von Mr. Rank in Elstree um. Dort ist Gorham nun dabei, seine großen Pläne zu verwirklichen.

Und die sehen so aus:

Der Regisseur wird aus dem ablenkenden und turbulenten Atelierbetrieb in einen Kontrollraum verbannt. Die Film-Kameras werden durch die wesentlich lichtempfindlicheren Fernseh-Kameras ersetzt. Diese Kameras übertragen ihre Bilder auf einen Bildschirm im Kontroll-Raum. Tonmeister und Bild-Ingenieur sorgen für die technisch einwandfreie Wiedergabe von Ton und Bild.

Der Regisseur aber hat die Möglichkeit, seine Szenen so zu sehen und zu hören, wie sie im fertigen Film wirken werden. Seine Regie-Anweisungen gehen über den Lautsprecher ins Studio. Etwa so wie bei einem Hörspiel. Läuft die Aufnahme, dann kann er durch Kopfhörer an Beleuchter und Kamera-Leute laufend Korrekturen geben, ohne dabei die Aufnahme zu stören.

Er hat die großartige Möglichkeit, die Wirkung von Beleuchtung und Ton, Kostüm und Hintergrund, Wort und Geste zu überblicken. Und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht ein einziges Meter kostbaren Films "verschossen" ist. Damit glaubt Gorham die Anzahl der normalerweise nötigen Neuaufnahmen wesentlich herabsetzen zu können.

Ganz zu schweigen von den künstlerischen Möglichkeiten, die sich dem erfahrenen Regisseur bieten. Die Film-Kamera aber - und das ist technisch interessant - steht nicht mehr im Atelier. Sie "sieht" nur noch indirekt, was sich dort abspielt. Gorham hat sie mit einer Bildröhre gekoppelt. Erst wenn der Gesamteindruck der Szene den Regisseur befriedigt, gibt er den Befehl zur Aufnahme. Erst in diesem Augenblick "schießt" die Film-Kamera das elektronenoptische Bild, das ihr die Braunsche Röhre überträgt.

Damit aber - und das ist für die Beurteilung und Bewertung des Gorhamschen Vorschlages von ausschlaggebender Bedeutung - hängt die Güte der Fernseh-Bilder ab. Erst wenn das Fernseh-Bild mindestens die Qualität eines sehr guten detaillierten Filmbildes erreicht hat, kann dieser Umweg über den Fernseher in Frage kommen.

Aber weshalb sollte diese Qualität nicht erreichbar sein? Film- und Fernseh-Techniker haben sich ausgerechnet, daß die Film-Güte schon beim technisch beherrschtem 1000 Zeilen-Bild übertroffen werden könnte. Und das 1000 Zeilen-Bild ist ganz gewiß keine Utopie mehr. Schon vor diesem Kriege hat die Deutsche Fernseh-AG ein solches Bild zum Entzücken aller Besucher auf der Berliner Funk-Ausstellung zeigen können.

Gorhams Idee ist keine Zukunftsmusik mehr. Der erste Versuchsfilm wird unter seiner Anleitung in Elstree gedreht. Ob sein erster praktischer Versuch auch so überzeugend sein wird wie seine Idee, ist eine Frage für sich.

-ohne Autorenangabe-

Fernsehen in den USA -- "Hör Zu!" Nr. 52 / 1949, S. 32: --(erfasst von TJ)--

Und wie es sich in der amerikanischen Karikatur spiegelt

In den Laboratorien und Versuchsstationen der deutschen Industrie wird eifrig an der Entwicklung des neuen Fernseh-Rundfunks gearbeitet. Weil aus der Vorkriegsproduktion keinerlei Geräte verfügbar sind, Neuentwicklungen aber Zeit und Kapital erfordern, geht der Aufbau der neuen Einrichtungen nur schrittweise vor sich. In der Zentraltechnik des NWDR wird die Aufstellung eines kleinen Versuchsenders vorbereitet. Er soll im kommenden Jahr in Betrieb genommen werden. Bis zur Aufnahme eines publikumsreifen Fernsehens werden aber noch mindestens zwei Jahre verstreichen.

Jenseits des Ozeans ist man schon sehr viel weiter. Da wird der Start des farbigen Fernsehens vorbereitet. Zwar hat man die offizielle Einführung noch um einige Zeit verschoben, aber nur aus wirtschaftlichen Gründen. Dieser Aufschub erwies sich als vorteilhaft und klug. Das "Schwarz-Weiß-Fernsehen" hat nämlich auf diese Weise starken Auftrieb erhalten, um so mehr, als sich zeigte, daß sich die jetzigen "Schwarz-Weiß-Fernseh-Empfänger" auch für das in Aussicht genommene Farbfernseh-System verwenden lassen werden.

Bei Kriegsende waren in den Vereinigten Staaten ungefähr 100 000 Fernseh-Empfänger in Betrieb. Seitdem ist es sprunghaft aufwärtsgegangen. Im kommenden Jahr glaubt man die 3 Millionen-Grenze zu erreichen. Allein die NBC-Rundfunk-GmbH betreibt nicht weniger als 21 Fernsehstationen.

Der Kostenpunkt

Freilich kann sich der "kleine Mann" auch in Amerika noch keinen Fernsehempfänger leisten. Denn ein einfacher Empfänger kostet immerhin an die 400 Dollar, übersteigt also den Monatslohn eines Arbeiters. Je nach der Entfernung vom Sender kommt noch der Aufwand für die Fernseh-Antennenanlage hinzu. Das sind 20 bis 50 Dollar. Man stellt deshalb öffentlich Fernseh-Empfänger auf, so daß die Fernseh-Sendungen weitesten Kreisen zugänglich sind. Fast jedes Hotel und jede Bar, größere Kaufhäuser, Automaten-Restaurants, usw. haben ihren Fernseh-Apparat.

Starke Anziehungskraft üben Baseballspiele und Boxwettkämpfe aus. Während solcher Sendungen sind die Fernseh-Apparate stets von Sportbegeisterten belagert. Dann feiern die Betriebe, weil die Arbeiter zu den Fernseh-Geräten gestürmt sind.

Sehr beliebt sind die Fernseh-Parties. In bequemen Klubsesseln gruppiert sich die kleine Abendgesellschaft um den Fernseh-Hausapparat. Findige Firmen liefern dazu phosphoreszierende Wein- und Likörgläser. Auch Fernsehbrillen werden angeboten. Sie sollen verhindern, daß die Augen übermäßig beansprucht werden.

Besser als ein Logenplatz

Es gibt Tage mit besonders guten Programmen, von denen man sagt, daß ein Stuhl vor dem Heimfernseher besser sei als ein Logensitz im Theater. In solchen besonderen Fernsehzeiten stellen sich berühmte und beliebte Bühnendarsteller der Aufnahmekamera, und es werden Darbietungen von hohem Niveau und ausgezeichneter Bildgüte gesendet. Die Anforderungen, die dabei an die Schauspieler und an die technischen Leiter gestellt werden, sind beträchtlich. Sie sind wesentlich teurer als reine Tonsendungen, denen das bequeme Magnetophon-Aufzeichungsverfahren zur Verfügung steht.

Das Tempo der Ausbreitung des Fernsehens in Amerika hängt stark von seiner Eignung für die Werbung ab, weil hierin die Haupteinnahmequellen liegen. Auch die Darbietungen von Fernseh-Sendungen in Filmtheatern können die teuren Programme finanzieren helfen.

Noch kostspieliger ist das "farbige" Fernsehen. Beim ursprünglich vorgesehenen CBS-System werden drei Grundfarben - rot, blau und grün - mechanisch mittels einer rotierenden Farbfilterscheibe getrennt, hintereinander auf drei verschiedene Ultrakurzwellen gesendet und vom Empfänger durch eine synchron umlaufende Filterscheibe wieder zum Gesamtbuntbild zusammengesetzt.

Das neueste Verfahren der RCA ist frei von solchen mechanisch arbeitenden Teilen. An ihre Stelle treten drei Braunsche Röhren - für jede Farbe eine, die ihre drei einfarbigen Bilder auf eine gemeinsame Bildwand werfen. Die so entstehenden Bilder geben die Farben naturgetreu wieder, ohne Bild- und Farbverzerrungen, selbst bei stark bewegten Aufnahme-Objekten.

Das Fernsehen wird das gesamte öffentliche Leben auch in Europa beeinflussen. Die Wähler können ihren Volksvertreter nicht nur hören, sondern auch "fernsehen" - der Sprecher rückt seinen Zuhörern näher.

500 sehen einer Operation zu

Auch in Wissenschaft und Technik wird man sich in zunehmenden Maße des Fernsehens bedienen. Auf einem wissenschaftlichen Kongreß wurden kürzlich in Amerika vor 500 Physikern und Medizinern Operationen aus einer New Yorker Klinik "fernübertragen". Früher hingen die Studenten bei schwierigen Operationen wie Trauben auf den Balkonen und um den Operationstisch, und sie konnten die einzelnen Phasen der Operation nur zum Teil und unter einem bestimmten Blickwinkel verfolgen. Diese Schwierigkeiten werden durch das Einschalten des Fernsehens schlagartig beseitigt. Über dem Operationstisch wird eine drehbare Fernseh-Aufnahmekamera aufgehängt. In der Nähe der Kamera ist ein Mikrofon aufgehängt, so daß der Operationsvorgang genau beschrieben werden kann. Die 500 Teilnehmer konnten an sieben in einer Front aufgestellten Fernseh-Empfängern jede Phase des Operationsvorganges genau verfolgen.

Vor kurzem hat man es auf einer großen medizinischen Veranstaltung in New York mit einer farbigen Fernseh-Übertragung versucht. Die Mikrofone waren in die Schutzmasken der Operateure eingebaut, so daß jeder Handgriff erläutert werden konnte. Durch die Farben wurde das Bild besonders anschaulich, weil sich die einzelnen Blutbahnen abhoben. Nach diesen Erfolgen plant man solche Operationen in der Klinik auf Filmen festzuhalten und mit Trickzeichnungen zu ergänzen, um sie für Lehrzwecke farbig fernzusenden.

Auch das Problem des "plastischen" Fernsehens ist im Prinzip schon gelöst. Man wird Brillen mit Polarisationsfiltern verwenden.

-Dipl.-Ing. Roland Hübner-

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