1974: 16-20; Helmut Schön: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, WM 74     
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Bundestrainer Helmut Schön: Meine Elf und ich -- Erste Folge -- "Hörzu" Nr. 19 / 1974, S. 44 - 51:

Aufgezeichnet von Roman Köster ("Hörzu")

Die Personen sind immer verschieden, doch die Frage ist stets die gleiche. Ich sitze im Flugzeug, und die Stewardeß bittet um ein Autogramm. Noch während ich schreibe, flüstert mir das nette Fräulein ins Ohr: "Was meinen Sie, Herr Schön, wird Deutschland Weltmeister?"

Oder: der Kellner im Restaurant präsentiert die Rechnung inklusive dem privaten Wunsch nach meinem Namenszug. Sekunden später ist´s dann wieder soweit: "Eine Frage noch, Herr Schön", sagt mein Fußballfan im Pinguin-Look, "werden wir Weltmeister?"

Ob ich in Köln, Hamburg, München, Berlin oder Baden-Baden in ein Taxi steige - aussteigen darf ich nur dann, wenn ich über die Chancen unserer Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft referiert habe. Dabei ist die Antwort auf die Standardfrage kurz und knapp. Denn: ob Deutschland Weltmeister wird - ich weiß es nicht.

Was ich allerdings hundertprozentig weiß: Deutschland will am späten Nachmittag des 7. Juli 1974 im Münchner Olympiastadion Weltmeister werden. Das ist unser Vorsatz. Daran arbeite ich seit nunmehr zwei Jahren. Gleich nach dem Gewinn der Europameisterschaft 1972 in Brüssel begannen wir mit der konzentrierten Vorbereitung.

Was ich während dieser ganzen Zeit spürte und was mich am meisten beeindruckt hat, war die Bereitschaft der Spieler, für dieses große Ziel alles zu geben. Und ich lege meine Hand dafür ins Feuer: Was Kampf und Einsatz betrifft - darin können wir Weltmeister werden.

Meine Elf und ich - wir haben keinen Bammel vor der großen Aufgabe. Andererseits befällt uns auch keine Überheblichkeit. Ich stelle bei uns Aktiven ein äußerst realistisches Denken fest. Ganz im Gegensatz zur Nation!

Der Ärger mit den Meinungsforschern

Auch wenn ich mir mit dem nächsten Satz Feinde schaffen sollte, ich sage einmal ganz betont: Leute, bleibt doch auf dem Teppich!

Mir graut´s einfach, wenn ich die Zahlen der Herren Meinungsforscher höre. Noch ist kein Ball beim WM-Turnier bewegt, noch kein Tor geschossen, und schon steht bei 58 Prozent aller Bundesbürger der Gewinner fest: Weltmeister wird die Bundesrepublik Deutschland.

Für einen Trainer ist es richtig tröstlich zu wissen, daß es da noch Konkurrenten gibt. Auch einige andere Fußballfreunde sehen diese Konkurrenz, denn 17 Prozent der Befragten glauben an eine erfolgreiche Titelverteidigung Brasiliens, 3 Prozent setzen auf einen Endspielsieg der Italiener.

Das Vertrauen der 58 Prozent ehrt. Mögen Sie richtig liegen - am späten Nachmittag des 7. Juli, wenn das Finale gespielt ist! Nur - jetzt schon dieser Vorschußlorbeer? Nein, danke! Das schmeckt mir überhaupt nicht. Wer von vorneherein der "Größte" ist, kann um so tiefer fallen.

Vielleicht liegt es an meiner Erziehung, daß ich mich trotz meiner 1,90 m Körperlänge nicht unter die "Größten" einreihe. Beim Kunsthändler Schön in Dresden wurde den Brüdern Walter und Helmut nämlich immer wieder eingetrichtert: "Bleibt bescheiden, redet erst über eine Sache, wenn ihr sie vollbracht habt. Falls ihr überhaupt darüber sprechen müßt."

Überlegen wir doch einmal ganz sachlich mit Fußballverstand: Um festzustellen, daß Haiti, Zaire oder Australien nicht Weltmeister werden, muß man nicht unbedingt Fachmann sein. Daß aber sechs Mannschaften ebenso wie Deutschland den Titel gewinnen können, müßte auch einem Laien einleuchten:

Brasilien und Holland, Italien, Uruguay, Jugoslawien und Schottland - diese sechs schätzen ihr eigenes Können so hoch ein, daß sie sich Hoffnungen machen, berechtigte Hoffnungen!

Nehmen wir z.B. die Brasilianer. Seit Wochen schon sind sie im Trainingslager. Ein Stab von Ärzten betreut die Spieler. Darunter sogar mehrere Psychologen. Mit einem noch nie erlebten Aufwand wird der Trip nach Deutschland vorbereitet. Hier will ein Land den Beweis antreten, daß es auch ohne den Wunderknaben Pelé geht. Ein "Jetzt-erst-recht-Effekt" macht sich breit. Und Rivelino wird Pelés Rolle übernehmen.

Da ist unser Nachbar Holland. Eine schnell spielende Mannschaft mit einem sehr schnellen Mann als Sturmführer: Johan Cruyff. Ihr besonderes Plus: Die holländischen Schlachtenbummler werden von jedem Stadion ganz schnell Besitz ergreifen.

Was die Italiener können, wissen wir nicht erst seit unserem letzten Gastspiel in Rom. Gianni Rivera und Luigi Riva sind zwar zur Zeit nicht fit, werden aber mit Sicherheit dabeisein.

Vor den Jugoslawen und vor Uruguay möchte ich warnend den Zeigefinger heben. Die Spieler sind perfekt am Ball, das System ist eine Mischung aus Tempo-Verschleppen und blitzschnellem Angreifen.

Na, und die schottischen Freunde?

Sie erscheinen mit stolzgeschwellter Brust als einziger Vertreter Großbritanniens. An Selbstvertrauen mangelt es da nicht.

Ich weiß, was dahintersteckt, wenn mein schottischer Kollege Willie Ormond unkt: "Wir kommen mit vier Mannschaften, 22 Spielern und 22 Betreuern." Die kalkulieren eben mit Doppelsicherung.

Nun erhebt sich die Frage, ob eine Weltmeisterschaft im eigenen Land ein Vor- oder ein Nachteil für den Gastgeber ist.

Dazu ein kleiner Blick in die alte Kiste, ein wenig Statistik:

• 1930: Uruguay gewinnt daheim in Montevideo das Endspiel gegen Argentinien mit 4:2.

• 1934: Italien ist in heimischen Stadien nicht zu bezwingen und gewinnt im Endspiel gegen die CSSR mit 2:1.

• 1958: Gastgeber Schweden dringt ins Finale vor, muß sich hier allerdings gegen Brasilien mit 2:5 geschlagen geben.

• 1962: Die Chilenen steigern sich zu Hause und werden Dritter.

• 1966: England! Das unvergessene Finale von Wembley...

• 1970: Mexiko gelingt das Vordringen bis unter die letzten acht.

Auf den ersten Blick wird jeder sagen, daß diese "Bilanz" deutlich zeigt, wie positiv Heimvorteil ist.

Ich sehe es differenzierter: Zu Hause spielen kann ein Vorteil sein, das kann aber auch ein Nachteil sein.

In ihrer Doppelrolle als Gastgeber und Favorit wirkt die deutsche Elf bei jedem Gegner als besonderes Stimulans. Es bedarf keiner großen Kunst, die Spieler beim Kräftemessen mit Deutschland zu motivieren. Mir ist die Einstellung der Chilenen beim ersten Spiel in Berlin schon heute klar.

Man erscheint mit einer gewissen Nonchalance. So nach dem Motto: "Bah, was kostet die Welt." Chile hat alles zu gewinnen und nichts zu verlieren. Es wird ein 0:0 feiern, wir werden es verfluchen. Solch ein Resultat wäre bei unseren Kritikern ein verpatzter WM-Start.

Meine Jungs kennen die Gefahr, die hier lauert. Darüber mache ich mir die wenigsten Sorgen.

Mein Problem ist ein ganz anderes und heißt: Zuschauer! Sie bestimmen mit, ob eine WM im eigenen Land für den Gastgeber ein Vor- oder Nachteil ist. Sie glauben das nicht?

Erinnern wir uns: Die Engländer trieben 1966 ihre Mannschaft trotz eines 0:0 im Eröffnungsspiel gegen Uruguay zu Höchstleistungen. Das Publikum war phantastisch!

In Mexiko peitschten die Mexikaner ihre Mannschaft mit Anfeuerungsrufen zu nicht erwarteten Erfolgen. Der Dank der Truppe: Sie steigerte sich um 150 Prozent, obwohl sie technisch und taktisch kaum mithalten konnte.

Die Schweden verwandelten ihre Stadien in Hexenkessel, in Chile war es genauso.

Die deutschen Fußballfans sind sicherlich ebenso begeisterungsfähig wie die Engländer, Schweden, Mexikaner oder Chilenen. Mit einer Einschränkung allerdings. Es gibt wohl kaum ein Land, wo der Sportsfreund den Finger so schnell zwischen den Lippen hat wie hier bei uns.

Wenn ich an das Spießrutenlaufen einiger Nationalspieler in der Bundesliga denke - man frage Franz Beckenbauer nach einem Spiel im Ruhrgebiet -, dann mache ich mir über diese Entwicklung ernsthaft Sorgen.

Mich ärgern besonders diese Herren Schnellpfeifer. Schon beim ersten Fehlpaß beginnt das "Konzert". Erwischt ein deutscher Nationalspieler bei einem Länderspiel in einem deutschen Stadion einen schwachen Start, dann ist er ein verdammt armer Kerl.

Als Fußball-Fachmann könnten Sie nun erwidern: Wer in der Nationalmannschaft spielt, der muß auch Pfiffe vertragen können. Richtig. Ein Nationalspieler soll ein selbstsicherer Mann sein. Er soll nicht als Hampelmann herumlaufen und aus den Latschen kippen, wie wir im Fußballjargon so schön sagen. Er muß sich durchbeißen. So wie der Kölner Wolfgang Overath jetzt durch sein Tief hindurch muß.

Nationalspieler sind keine Maschinen

Ein Spieler soll, er sollte - es ist sehr leicht gesagt. In der Praxis sieht jedoch alles anders aus.

Vielleicht vergessen wir bei allem das Wesentliche. Auch Nationalspieler sind Menschen. Menschen wie Sie und ich. Mit Stärken und Schwächen, mit Nerven, Launen und Stimmungen. Da gibt´s die robusten und sensiblen Typen, die harten und die weichen Männer.

Man beobachte einmal die Gesichter der Spieler, wenn die Nationalhymne erklingt. Da spiegelt sich Stolz wieder. Es ist der Stolz, hier ihr Land vertreten zu können, einer der elf Besten zu sein. Das hat mit Nationalismus überhaupt nichts zu tun.

"Wissen Sie, Herr Schön", sagte einmal Franz Beckenbauer zu mir, "das ist doch komisch: Wenn ich die Hymne höre, dann läuft mir eine Gänsehaut über den Rücken." Der Rekord-Nationalspieler mit einer Gänsehaut? Komisch? Nein, in meinen Augen überhaupt nicht komisch. Ich finde es gut und bezeichnend für die Einstellung.

Vielleicht sollten es sich jene einmal merken, die den Franz so gern mit Pfiffen bedenken, weil sie seine Art Fußball zu spielen mit Arroganz verwechseln.

Ich erlebe es doch immer wieder: Im Kreis der Nationalmannschaft schlüpfen die Spieler in eine andere Haut. Und je näher so ein Spieltag rückt, desto mehr verändern sich die Jungs.

Plötzlich wird Sepp Maier viel ruhiger. Seine Späße seltener. Gerd Müller brummelt vor sich hin. Jürgen Grabowski ist still. Günter Netzer sieht man nicht mehr so viel in der Hotelhalle. Berti Vogts schläft in jeder freien Minute, und Horst Dieter Höttges speist bedächtig langsam. Jeder ist mit sich selbst beschäftigt.

Halt - hier nicht weiterreden

Und dann kommt es auf den Trainer an, daß er seine Mannschaft kennt. Auf seine psychologischen Fähigkeiten.

Ich erinnere mich an eine Szene vor dem Qualifikationsspiel gegen Schweden. Es ging um die Fahrkarte zur Fußball-Weltmeisterschaft 1966 in England. Deutschland mußte gewinnen!

Ich war Nachfolger von Sepp Herberger und trug alle Verantwortung. Eine Stunde vor Anpfiff kam ich in die Kabine. Horst Szymaniak saß auf der Bank und rieb sich stumm die Oberschenkel. Er war gerade massiert worden. Ich steuerte auf ihn zu und wollte ihm letzte Instruktionen geben. Nach dem ersten Satz schaute er mich mit großen Augen an. Beim zweiten Satz ebenfalls. Da merkte ich: Halt, nur nicht weiterreden. Dem kannst Du nichts mehr erzählen, der Horst nimmt nichts mehr auf. Szymaniak war mit seinen Gedanken schon beim Spiel.

In diesem Augenblick zahlte sich meine Aufmerksamkeit aus. Fast 30 Jahre vor Schweden hatte ich gut aufgepaßt...

Ab 1935 stand ich im Notizbuch des damaligen Reichstrainers Professor Dr. Otto Nerz. Er regierte rigoros. Seine rechte Hand war Sepp Herberger, der das Amt dann allein übernahm. Beide zusammen - das war ein Gespann. Da gab´s Zuckerbrot und Peitsche.

Am 21. November 1937 schlug meine große Stunde. Erstes A-Länderspiel für Deutschland. Wir spielten in Hamburg gegen Schweden, siegten mit 5:0, und mein Einstand waren zwei Tore.

Doch wenn man in der damaligen Zeit von Toren sprach, tauchte ein Name auf: Richard Hofmann. Ehrfürchtig nannte man ihn den "König Richard". Richard schoß aus 30 Metern den Torhüter samt Mütze ins Netz, und wenn ihm einer sagte "Los, König, hau den ganzen Kasten zusammen", dann hätte er auch dies geschafft. Hofmann besaß eine unheimliche Schußkraft. Dieser "König Richard" saß also wie Horst Szymaniak in der Kabine und starrte vor sich hin. Da erschien Professor Nerz. Er hatte noch keine drei Worte gesagt, schon fauchte Hofmann ihn an: "Wenn Sie jetzt noch einen Ton reden, dann packe ich meinen Koffer und haue ab." Der resolute Dr. Nerz zuckte nicht zusammen. Er schaute Richard nur an und drehte sich wortlos um.

Da flatterte meine Hose

Der "König" konnte sich diese Worte auch erlauben. Zu seiner Ehrenrettung muß jedoch gesagt werden: Hofmann hat sich nie als Star gefühlt.

Ich erinnere mich an unser erstes Zusammentreffen. Ein 17jähriger Schlaks namens Helmut Schön sollte in der ersten Mannschaft des Dresdner SC spielen. Herrje, was haben mir da die Hosen beim Umziehen geflattert. Mir zitterten die Hände - da stand Richard Hofmann.

Plötzlich drehte er sich um: "Also, du bist der Helmut, der Neue. Du spielst hier den Ball genauso schnell ab wie in der Juniorenelf. Wer direkt spielt, der ist immer im Vorteil, klar?"

Mir lief es heiß und kalt über den Rücken. Ich bekam einen knallroten Kopf. "Jawohl, Herr Hofmann", erwiderte ich. "Das Herr Hofmann kannst Du Dir sparen, sag einfach Richard zu mir", kam es aus der Ecke zurück.

Der "große Richard" hatte mir das Du angeboten!

Doch als es dann losging, auf dem Platz, da habe ich mich doch nicht getraut und mich mit "Heh" und "Hallo" über die Runden gerettet.

Da wird der Gerd mürrisch

Er war also ein Star und trotzdem keiner. Ein ähnlicher Typ bei uns ist Gerd Müller. Schußstark, schnell, beweglich. Auch ihn darf man nicht ansprechen, wenn es kurz vor dem Anpfiff zu einem Spiel ist. Da reagiert er ebenso mürrisch wie Richard Hofmann.

Es gibt Spieler, bei denen verfärben sich die Augen, wenn´s losgeht. Da flackert´s rötlich. Und beim Gerd ist das so. Da war sogar Uwe Seeler erschrocken - 1970 bei der Weltmeisterschaft in Mexiko. Und das will was heißen.

Die Reise ins ferne Mexiko war die Fahrt ins "unbekannte Land". Wie würden die Spieler mit der Höhenlage und dem extremen Klima fertig werden? Wie würde die Umstellung vom "weichen" europäischen auf "harten" mexikanischen Rasen gelingen? Dieser Rasen, von der ständigen Sonne verbrannt, ist gefährlich. Bei einem Sturz reißt er das Fleisch auf.

Wir erwischten ein relativ günstiges Los mit den Vorrundenspielen gegen Marokko, Peru und Bulgarien. Dazu ein zauberhaftes Quartier, eine halbe Stunde von unserem Spielort Leon entfernt.

So günstig das Los so schön das Quartier - plötzlich hatten wir innerhalb der Mannschaft unser großes Problem. Gerd Müller ließ in der Presse verkünden: "Entweder Uwe oder ich." Sollte heißen: Entweder spielt Uwe Seeler Mittelstürmer oder ich.

Die Art, wie Gerd hier auf den Tisch klopfte, ist typisch für ihn. Er trägt das Herz auf der Zunge. Trotzig wie ein kleiner Bub, dem man das Spielzeug weggenommen hat, so wirkte er.

Ich merkte, wie Uwe Seeler mit Kopfschütteln reagierte. Und für mich gab es auch kein "entweder Uwe oder ich". Ich wollte nicht glauben, daß zwei so engagierte Typen wie diese beiden ein Problem innerhalb einer Mannschaft sein könnten.

Sicher, beide ähnelten sich in der Figur. Kompakte, kernige Typen. Auch ihre Art, Fußball zu spielen, hatte kaum Unterschiede aufzuweisen.

Beide verstanden es, auf engstem Raum und trotz strengster gegnerischer Bewachung für Gefahr zu sorgen. Beide galten als unberechenbar, schnell im Antritt und stark im Kopfball.

Nun, einige Journalisten wußten die Antwort schon vor dem ersten Versuch. Voreilig hielten sie es mir schwarz auf weiß unter die Nase. "Uwe Seeler und Gerd Müller in einer Mannschaft", so stand zu lesen, das kann nicht gutgehen. Das muß mit einem Fiasko enden."

Wie es endete, ist bekannt. Aus dem Fiasko wurde nichts.

Zunächst allerdings griff ich zu einem altbewährten Rezept. Ich steckte Uwe und Gerd in ein Zimmer. Sie sollten ihre Meinungsverschiedenheiten unter vier Augen ausräumen. Und siehe da: Eines Morgens kamen beide mit strahlenden Gesichtern an. "Alles klar, Herr Schön", sagten sie. Was klar war: Uwe hatte seinen Konkurrenten Gerd davon überzeugt, daß ein Streit beiden schaden könnte. Von der Mannschaft ganz zu schweigen. Uwe zu Gerd: "Wir dürfen hier nicht miteinander streiten, wir müssen miteinander kämpfen."

Wie sich dann diese beiden einsetzten - das war schon großartig. Dieses Miteinander sah so aus: Uwe spielte im Mittelfeld, Gerd auf seinem gewohnten Posten als Mittelstürmer. Uwe schleppte die Bälle, öffnete den Raum, servierte Vorlagen, störte den gegnerischen Angriff und schaltete sich als Ankurbler des eigenen Sturms immer wieder ein.

Kurios an der ganzen Geschichte: Gerd und Uwe schossen plötzlich gemeinsam ihre Tore. Müller vorn, Seeler aus der zweiten Reihe.

Uwes physische Leistung war kaum noch zu überbieten. Seine Einstellung als Sportsmann - einmalig! Ich werde es ihm nie vergessen, wie er seine persönlichen Interessen hintenan stellte. Bei solchen Spielern macht es Spaß, Bundestrainer zu sein. Nur - es gibt leider nicht allzu viele Uwe Seelers in unserer Nationalmannschaft. Mannschaft und Gemeinschaft sind bei einigen Fremdwörter.

In der 2. Folge:

- Das Allheilmittel gegen Krach
- Der große Kampf um Netzer

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