Gemischtes Echo: Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht -- ZDF --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 161:
Ein dreifaches Helau für die großartige Übertragung der "Määnzer
Fassenacht". Eine buntgemischte Revue, die sicherlich jeden Karneval-Muffel
aus der Reserve locken konnte.
-Horst Dieter B. aus Dortmund-
Mainz = Bonewitz, sonst meist "onne Witz"!
-Günter F. aus Nürnberg
Mainz bleibt Mainz - leider! Eine Anhäufung alter Kalauer mit
hunderjähriger Tradition. Hoffentlich sing und lacht es so im Fernsehen
nicht wieder.
-Wilfried R. aus Berlin-
"Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht" / war dufte, toll und gut
gebracht. / Doch eins steht fest, ich kann berichten / auf "Neger"
könnte ich verzichten. / Die Reden fand ich gut und nett, / und Klasse
war auch das Balett. / "Braun" fand ich gut, er brachte Witz, / der
"Clou" war Herbert Bonewitz.
-Werner B. aus Gießen
Tausche: Schüler mit Sprachfehler, Ellen Friese und singende
Kellermeister gegen Mann aus der Bonndeshauptstadt, den Till, Frau
Babbich und Frau Strubbelich für Kampagne 1974.
-Ruth M. aus H.-
Was berechtigt Ellen Friese zu einer abwehrenden Geste, wenn von
Ostfriesen die Rede ist. Soll das Mainzer Humor sein? Ist sie je in
Ostfriesland gewesen?
-Gertrud N. aus Emden-
Mainz - wie könnt ihr so was machen. / laßt den Zahnarzt auf die Bühn´?
/ Leut, wir woll´n doch kräftig lachen / und nicht an alten Zöpfen
zieh´n! / Laßt ihn lieber Zähne bohren, / dann verschont er unsere
Ohren. / Gebt dem Bonewitz die Zeit, / und wir haben doppelt Freud.
-E. R. aus Oberhausen-
Vorweg, wir gehören zur älteren Jugend. Peinlich, was Herr Neger sich
da geleistet hat: Mit "Rucki-Zucki" hat er einen "greisen Buggy" aus
der Taufe gehoben.
-Erika Wagner aus F.-
Als langjähriger beliebter Kanevalist sollte Herr Neger doch in jedem
Falle in der Lage sein, wenigstens Humor vorzutäuschen, da ihm dieser
verlorenzugehen scheint, sobald er nicht mehr der absolute Mittelpunkt
ist. Sein Versuch, das Finale zu beherrschen, war Krampf. Man möchte
sagen: nach Hause, Herr Neger, aber rucki-zucki.
-Inge B. aus Solingen-
Rolf Braun, großer Drahtzieher hinter den Kulissen, wärst du doch aus
der Bütt geblieben! Hin war das durchaus gelungene Karneval-Flair durch
die bierernsten Tiraden gegen Otto Höpfner. Hin war der Spaß an der
Freud' vom goldigen Mainz.
-Werner N. aus Rheda-
In der ganzen Sendung nur ein einziger Glanzpunkt: Prof. Knickebein
alias Herbert Bonewitz. Hier durfte wirklich gelacht werden.
-Edith A. aus Köln
Bonewitz, der diesmal Kritik an der Gesellschaft als "Party-Professor"
üben will... schreiben Sie in Ihrer Ausgabe HÖRZU Nr. 8. Insbesondere
dieser Auftritt scheint mir geeignet, ganz massive Kritik an dem
gesendeten Karnevals-Spektakel anzumelden. Das, was Herr Bonewitz als
Kritik an der Gesellschaft verstanden wissen will, war nichts anderes
als eine Karikatur einer Gesellschaftsschicht, von der ich nicht einmal
überzeugt bin, daß sie überhaupt existiert.
-Hans-Jürgen W. aus D.-
Den Artikel in Nr. 8 "Kein Spaß mehr an der Freud" habe ich
glücklicherweise erst nach der Karnevalssendung gelesen. Der bittere
Inhalt hätte mir sonst den Spaß verdorben.
-Lena L. aus Hamburg-
Als gebürtiger Kölner, Karnevals-Freund und Sitzungsbesucher kann ich
nicht umhin, Mainz meine Hochachtung für die prächtige Karnevalssendung
auszusprechen. Ein ganz besonderes Lob aber den vorzüglichen
Kameraleuten des ZDF. Noch nie hatte ich das Gefühl, so dabeizusein wie hier.
-Hans D. aus Köln-
Man kann nur hoffen, daß die vier Stunden Sendezeit im nächsten Jahr
dem Kölner Karneval gehören.
-Udo M. aus Osnabrück
Karneval in Köln -- ZDF --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 161:
Mainz bleibt Mainz. Das hat die Sendung aus Köln wieder einmal ganz
klar unter Beweis gestellt. Wir wurden aus Köln mit Karnevalsschlagern
überrascht, die wir vor ca. zehn Jahren schon gesungen haben.
-I. D. aus Celle-
Zum Blauen Bock -- ARD --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 161:
Heinz Schenk hat sich mit seiner Büttenrede selbst übertroffen.
Eine gute Kanevalssendung.
-Ursel H. aus Berlin-
Unserer Lia Wöhr und Heinz Schenk ein großes Lob für diese Sendung.
Was wäre ein Karneval ohne Margit Sponheimer mit ihrer großartigen
Partnerin!
-Paul W. aus Neu-Isenburg-
Kann man nicht dem Reno Nonsens anderweitig einer Nachtwächterstelle besorgen?
-W. Hansen aus Kiel
Aspekte -- ZDF --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 161:
Unter den Bauten, die das Stadtbild verschandeln, wurde in Frankfurt
u.a. das "Zürich-Haus" gezeigt, nicht aber die riesenhafte Baugrube für
den Neubau der Bank für Gemeinwirtschaft. Hierfür wurden zwei
guterhaltene Restaurants und ein weiteres Haus abgerissen. Da diese
Neubauten meist in Großstädten entstehen, deren Oberbürgermeister und
Stadtverwaltung alle derselben Partei angehören wie die Bauherren des
Bankgebäudes, ist es kaum zu verstehen, daß diese Städte nicht von sich
aus dem beklagten Zustand abhelfen.
-Dr. R. W. aus Frankfurt-
Junge Lehrer zwischen Anspruch und Wirklichkeit -- ZDF --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 161:
Die Zuschauer wurden nur einseitig über die integrierte Gesamtschule
informiert, ohne jegliche Kritik wurde die Gesamtschule verherrlicht.
Man sollte sich einmal Gedanken über die Praxis machen: Mit einem
Auseinanderreißen der Klassengemeinschaft, das schließlich dann doch
wieder zu einer Überbelegung mancher Kurse führt, kann das Problem der
überfüllten Klassen kaum gelöst werden. Und daß die Gesamtschule
soziale Ungerechtigkeiten ausschalten soll, entspricht wohl kaum der
Wirklichkeit.
-Rainer N., Verband kritischer Schüler, Hannover
Tatort: Mummelsee -- ARD --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 161:
"Die Geister am Mummelsee" wirkte wie die meisten Filme dieser
Tatort-Serie, sehr realistisch und ließ keine Langeweile aufkommen.
Besonders Günther Ungeheuer spielte brilliant.
-Andrea B. aus Goslar-
Das war der schlechteste "Tatort", den ich je gesehen habe...
mit einer Reisegesellschaft,
die offensichtlich nur aus neurotischen Urlaubern bestand.
-Th. W. aus Köln-
Es war ausgesprochen merkwürdig, daß bei einer Kieler Reisegruppe nur
Hamburger mitfuhren. Kein Kieler s-pricht, ein Kieler kann sogar
"Koschtüm" sagen. Vor allen Dingen kieläät ein Kielää.
Herr H. W. Bussinger, der Pastor in dem Krimi-Film, war lange am Kieler Theater,
ihm hätte so etwas auffallen müssen.
-Magdalena P. aus Kiel-
Weekend im Paradies -- ARD --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 161:
Ein köstlicher Spaß! Und ein besonderes Vergnügen war Wolfgang Kieling.
Ob als sächselnder Ministerialrat oder als "Bösewicht", dieser
Schauspieler ist ein Erlebnis.
-Dagmar S. aus Opladen-
Klamottenrolle für Wolfgang Kieling. Man kennt seinen Ruf - man kennt
seine Glanzrollen. Warum so eine Rolle, die nicht seinen Fähigkeiten
entspricht?
-Waltraut H. aus Köln-
Das Sonntagskonzert -- ZDF --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 161:
Herr Schramm sollte lieber schauspielern und nicht versuchen, ohne
Stimme zu singen. Außerdem frage ich mich, warum in einer
Unterhaltungssendung immer auf unsere politische Vergangenheit
hingewiesen werden muß. Wenn ich etwas über die 30/40er Jahre
hinsichtlich Politik hören möchte, dann suche ich das nicht in einer
Konzertsendung.
-Frieda B., Bamberg-
Sollte Herr Schramm politisch gutmachen, was H. J. Kulenkampff in
seiner letzten Quiz-Sendung Ÿber die 30er Jahre versäumt hatte?
-Helga A. aus Recklinghausen-
Beifall für 4 gegen 4 -- ZDF --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 161:
Das war für mich die beste Unterhaltungssendung seit langer Zeit. Eine
gute aufgelockerte Schau und ein sich selbst übertreffender Dieter
Thomas Heck.
-Ferdinand S. aus Epe-
Die Spiele der Sendung waren gut und vielseitig. Nur sollte Dieter
Thomas Heck vor jeder Aufgabe die Spieldauer genau ansagen, damit die
Kandidaten und auch die Zuschauer Bescheid wissen, wieviel für sie zum
Raten bleibt.
-Matthias P. aus Berlin-
Eiskunstlauf-Weltmeisterschaft -- ZDF --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 163:
Die Begeisterung für den Eiskunstlauf ertrank in technischen Pannen,
ungünstigen Kamerapositionen, unseliger Reklame und einigen
offensichtlichen schiefen Wertungen. Eine wahrhaft unkönigliche
Paarlauf-Weltmeisterschaft.
-Manfred S. aus Köln
Zuschauer, die das Österreichische Fernsehen empfangen können, konnten
feststellen, daß den deutschen Eiskunftlauf-Freunden nur eine
zeitversetzte Aufzeichnung präsentiert wurde. Warum verschweigt man
dies den Fernsehzuschauern?
-Ulrich D. aus München-
Dies war keine Eislauf-Sendung - sondern eine Werbesendung für diverse Firmen.
-Otto S. aus E.-
Das aktuelle Sportstudio -- ZDF --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 163:
Auch wenn das aktuelle Sport-Studio sich allmählich abnutzt - Carmen
Thomas ist eine Bereicherung für den Bildschirm.
-Helmut St. aus Kiel-
Am meisten gefällt mir, und das ist eine Wohltat, sie kann sprechen,
kriegt die Zähne auseinander, beherrscht die deutsche Sprache, was ihre
männlichen Kollegen alles noch lernen müßten.
Ich höre das Sport-Studio von der ersten Stunde an.
-M. E. Frank aus Köln-
Jeden Sonntag freue ich mch auf das aktuelle Sport-Studio und verzichte
dafür auf einen Spielfilm. Aber bitte nicht wieder mit Carmen Thomas.
-Irmgard W. aus Hamburg-
Wenn mit platten Albernheiten sachliche Erklärungen ersetzt werden
sollen, empfindet das unser Sportkreis als Zumutung.
-E. Kramer aus Hamburg-
ZDF Magazin -- ZDF --
"" Nr. 12 / 1973, S. 163:
Zum Beitrag Schäden durch Kinderläden"
möchte ich feststellen: Für den
Professor eines pädagogischen Instituts ist es ein unverzeihliches
Mißverständnis, wenn er den Begriff "Proletarischer Kinderladen" der
aus dem des "Antiautoritären Kinderladens" hervorgegangen ist, so
auffaßt, als bezweckten es die Initiatoren der Läden, Ich-schwache
Persönlichkeiten heranzuziehen. "Proletarisch" bedeutet in diesem
Zusammenhang, daß die Kinder der Arbeiterklasse mit in die ursprünglich
von den Berliner Studenten ausgehende Kinderladenbewegung einbezogen
werden sollen. Die gesamte Problematik der Kinderläden wurde in der
Sendung nur einseitig belichtet.
-Maria B. aus Haltern-
Plädoyer für Frankenfeld -- ARD --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 163:
Ich finde es sehr traurig, daß es offensichtlich fast niemand gibt, der
Spaß an einer sinnlosen Blödelei haben kann. Man nimmt sich selbst wohl
viel zu ernst und zu wichtig, wenn man meint, daß solcher Blödsinn
einem nicht zugemutet werden sollte oder so etwas allenfalls in die
Kinderstube gehöre. Ich bin überzeugt davon, daß viele Kinder
glücklicher aufwachsen könnten, wenn ihre Eltern mehr Befähigung zur
Albernheit und mehr Sinn fŸr Blödsinn aufzubringen in der Lage wären.
Lernen kann man das nicht nur von Herrn Frankenfeld, sondern wohl auch
sehr gut von den Kindern - oder man hat einiges davon aus der eigenen
Kindheit in die reiferen Jahre hinübergerettet.
-Wolfgang St. aus Ettlingen-
Sportspende vom Fernsehzuschauer? --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 163:
Viele "Sportsfreunde" wurden und werden immer wieder aufgeschreckt, wenn
sie hören, daß große Fußballspiele aus Angst vor Besucherschwund in den
Stadien vom Fernsehen nicht mehr gezeigt werden sollen. Dazu nun eine
Idee, die möglicherweise in irgendeiner Form realisierbar ist: Auch die
Fernsehzusuchauer sollten wie Stadienbesucher ihren Eintritt zahlen. Nur
natürlich, da es ja Millionen von Fernsehern sind, sehr viel weniger
und ebenso natürlich nur freiwillig, außerhalb der normalen
Fernsehgebühr. Als Spende also an den geliebten Fußball vor allem -
aber auch an den Sport überhaupt. Denkt mal darüber nach,
Sportsfreunde.
-Jürgen Splettstößer,
Leiter der Nachrichtenredaktion des Südwestfunks-
Anfrage --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 163:
Eine Frage an Herrn Robert Lembke. Wie ist es eigentlich wenn ein
Repräsentant eines zu ratenden Berufs bei der Arbeit gefilmt wird? Wie
viele Personen sind dann Mitwisser des Rategeheimnisses geworden? 10
bis 20 werden es doch wohl sein. Ob bei dieser Vielzahl nicht doch
manchmal etwas zum Rateteam durchsickert?
-Erwin T. aus Hamburg 39-
Hilferuf --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 163:
Immer wieder erreichen mich - und sicher auch viele meiner Kollegen -
Autogrammbitten, denen keine frankierten Umschläge für die Rücksendung
beiliegen. Allein für das Schreiben der Adressen würde ich oft eine
eigene Sekretärin benötigen. Auch sind die Absender oft kaum leserlich.
In solchen Fällen ist die Erfüllung des Wunsches kaum möglich.
-Günter M. aus G.-
Tolle Teller für tolle Tage --
"Hörzu" Nr. 12 / 1973, S. 163:
Nachdem ich Ihre Reportage über den "Club kochender Männer" in HÖRZU
Nr. 9 gelesen hatte, muß ich Ihnen sagen, daß Ihre Rezepte,
gleichgültig, ob es sich dabei um Speisen oder Getränke handelt, eine
"Wucht" sind. Ich sammle sie seit ihrem Erscheinen und probiere alles
aus. Besonders angetan war ich gerade vom Büfett für die
Faschingsparty.
-Albert K. aus Erftstadt-
10 Jahre ZDF: Jubilar mit Sorgenfalten --
"Hörzu" Nr. 13 / 1973, S. 5:
"Das ZDF blickt nach vorn" heißt das Motto, unter dem das ZDF
am 1. April seinen zehnten Geburtstag begeht.
Ein optimistischer Satz, getragen von einem sicheren Selbstbewußtsein. Die Komplexe
der ersten Jahre sind, so scheint es, überwunden.
Schuld an dieser "gestörten Kindheit" hatten die Väter, die
Ministerpräsidenten der Länder, die auf die ungeliebte Spätgeburt
wenig Sorgfalt verschwendeten. Das finanzielle Hemd, mäßige 30 Prozent der
Fernsehgebühren, erwies sich schon bei der Taufe als zu kurz. Und der Name -
Zweites Deutsches Fernsehen - stellte ihr Kind von vorneherein in die zweite Reihe.
Die Zuschauer hielten sich zurück. Sie waren auf das erste Programm eingeschworen.
Das ZDF blieb lange für sie, was der Name auszudrücken schien,
"zweite Wahl".
Im Wettbewerb um das Publikum machte das ZDF Meter um Meter Boden gut. Heute ist es
neben der ARD eine gleichwertige Größe. Für die "Mainzelmänner"
Grund genug, sich zu freuen und den Geburtstag zu feiern. Das Selbstbewußtsein
geht so weit, daß sie den Mut haben, sich in einer Jubiläumssendung selber
zu karikieren.
Eitel Wonne also? Intendant Holzamer und seine Direktoren haben dicke Sorgenfalten auf
der Stirn. Der optimistische Blick nach vorn ist umdüstert.
Denn an der Stelle, die am meisten schmerzt, ist das ZDF zweiter geblieben. Es leidet
permanent unter der Knausrigkeit seiner Väter. 1974 droht ein Defizit von 70
Millionen Mark. Im Schlepptau der reicheren Schwester ARD, die schon 1973 in die roten
Zahlen rutscht, hat auch das ZDF eine "Gebührenanpassung" gefordert.
Aber selbst die Hoffnung, daß die Landtage die Fernsehgebühr um 2,50 Mark
erhöhen, stimmt die Mainzer nicht froh. Sie bekämen auch davon nur 30 Prozent.
Und das würde nur - so die ZDF-Auguren - bis 1976 reichen.
Damit nicht genug der Sorgen. Über dem Mainzer Haus hängt ein Damoklesschwert:
Bisher hat das ZDF für sein zweites finanzielles Bein, die Werbeeinnahmen, keine
Ertragssteuern gezahlt. Das Finanzamt bittet zur Kasse: für 1963 bis 1970 allein 317
Millionen Mark. Einen Prozeß vor dem zuständigen Finanzgericht hat das ZDF verloren.
Das Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof steht ins Haus. Unter diesen Umständen
fällt es schwer, den Mainzelmännern vorbehaltlos zu gratulieren.
Das Vergnügen, täglich unter zwei konkurrierenden gleichwertigen Programmen
wählen zu können, kommt teuer zu stehen. Die Zeche zahlt der Zuschauer. Aber
das ist nur zu einem geringen Teil Schuld des Geburtstagskindes.
-Az, "Hörzu"-
10 Jahre ZDF: Mainz, wie es war und wie es wird --
"Hörzu" Nr. 13 / 1973, S. 24-28:
Victoria Voncampe - als Ansagerin heute eine Symbolfigur für Glanz und Erfolg des
Zweiten Deutschen Fernsehens - mußte sich vor ihrem ersten Bildschirmauftritt in einem
klapprigen Wohnwagen umziehen. Zirkusmilieu in einer Barackenstadt bei Eschborn zwischen
Wiesbaden und Frankfurt. Das war der Beginn am 1. April 1963.
"Das sogenannte Zweite Fernsehen", mokierte sich damals eine Frankfurter Zeitung,
"existiert gar nicht. Wie erst jetzt bekannt wird, handelt es sich um einen
April-Scherz."
Ein Scherz, der zündete. Denn heute, zehn Jahre nach dem belächelten Barackenbeginn,
steht das ZDF im Vergleich zur ARD (wenn man einer schon etwas zurückliegenden Umfrage des
EMNID-Instituts glauben darf) turmhoch in der Gunst des Fernsehpublikums: Auf die Frage, welches
der beiden Programme, alles in allem genommen, am besten gefiele, plädierten 1971 39 Prozent
für das ZDF und nur 18 Prozent für die ARD.
Eine stolze Bilanz, die den Intendanten der ersten Stunde, Professor Dr. Karl Holzamer, zu einer
jedem Zuschauer bekannten Figur machte. Auch in Zahlen schlägt sie sich nieder:
Mit 1800 Mitarbeitern gingen die Mainzer an den Start, mit 3215 feiern sie nach zehn Jahren ihr
erfolgreiches Werben um die Zuschauergunst.
3215 "Mainzelmänner" - darin sind enthalten: 500 Mitarbeiter von Inlands-, 100 von
Auslands-Studios, 4 Direktoren, 17 Hauptabteilungsleiter und - nicht zu vergessen - 1 Intendant!
Nicht enthalten sind sechs kleine Kerle, die den Leuten vom ZDF ihren Namen liehen - die
"Mainzelmännchen" Conny, Det, Berti, Eddi, Fritzchen und Anton.
Sie wurden nach ihrem ersten Auftritt am 2. April 1963 zu Symbolfiguren des ZDF. Ihre Kurzstreiche
zwischen Ajax und Weißem Riesen banden Kinder und Erwachsene ans Werbeprogramm und brachten
dem ZDF Millionen ein. D-Mark und Zuschauer.
Als Markenzeichen des ZDF bleiben die sechs, wie sie sind. Das heißt: unbeweibt. Und ihr
Erfinder, Wolf Gerlach, der bis dato an die zehn Kilometer Mainzelmännchen-Trickfilme
gezeichnet hat, "trickst" weiter: "Ich habe noch wahnsinnig viele Ideen!"
Auf neue Ideen war das ZDF von Anfang an angewiesen, um die Zuschauer von ihren auf das 1.
Programm fixierten Gewohnheiten abzubringen. Die Mainzer wagten Experimente:
• Das "Tagesschau"-Pendant "heute" wurde als lockere Magazin-Sendung
aufgezogen. Legere Moderatoren (Erich Helmensdorfer, der "Mann mit der Warze") gaben der
Sendung ein Menschen-Gesicht. Meldung und Meinung gingen ineinander über. Doch das
Experiment stieß auf Kritik. Also wurden Nachrichtensprecher engagiert, wurde die
Meinung von der Meldung getrennt. Diese Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen - ab Oktober
beginnt das Abendprogramm um 19 Uhr...
• "Das aktuelle Sport-Studio", zum erstenmal im August 1963 als "Studio
der offenen Tür" ausgestrahlt, wurde durch seine unterhaltsame Live-Atmosphäre
auch für sportlich weniger Engagierte interessant.
"Bei uns soll der Zuschauer gleich miterleben, wie heiße Sportberichte aus aller Welt
per Motorrad, Schiene oder Flugzeug Stück für Stück eintreffen",
erzählte Wim Thoelke, der als ein Mann der ersten Stunde sich und dem Studio ein
Image gab. Doch das lockere Improvisationsspiel am Samstagabend erstarrte mehr und mehr
zum Ritual. Das ZDF hofft nun, das Image der 1965 mit der Goldenen Kamera von HÖRZU
ausgezeichneten Sendereihe durch einen neuen Mann aufzupolieren. Sportchef wird
"heute"-Moderator Hanns Joachim Friedrichs.
• Was dem Sport recht ist, sollte der Kultur billig sein. So entstand 1966 das Magazin
"Aspekte". Auch hier ein prägendes Gesicht: der bildschirmfüllende Kopf
von Walter Schmieding (Goldene Kamera von 1967).
Sein Nachfolger Reinhart Hoffmeister will der Ideenfülle seines Vorgängers neue
hinzufügen: größere Zeitnähe, Erweiterung des Themenangebots über die
"schönen Künste" hinaus: Freizeit, Fortbildung, Wohnen, Städtebau.
Es wird sogar erwogen, die Kunst im engeren Sinne (Theaterpremieren, Buch-Neuerscheinungen)
auszusondern und in einer eigenen Sendung zu behandeln.
• "Für 98 Prozent der Zuschauer ist Ökonomie ein Buch mit sieben Siegeln.
Das muß sich ändern", versprach Wolfgang Schröder, als er 1967 die Leitung
des ZDF-Wirtschaftsmagazins "Bilanz" übernahm.
Sein Erfolgsrezept: Humor. Mit Glossen und Zeichentrickfilmen gelang es Schröder, die
spröde Zahlen- und Daten-Materie so aufzulockern, daß auch der wirtschaftlich
Unvorgebildete Zusammenhänge und Details begriff. Belohnung: die Goldene Kamera 1969.
Und bessere Sendezeit ab Oktober 1973 (20.15 Uhr). Schröder: "Wir werden noch hautnaher
auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Bürgers eingehen!"
• 1964 startete Hans Mohl sein Gesundheitsmagazin "Praxis" (Goldene Kamera 1968).
Kurze, schnelle, für den Zuschauer verwendbare Information. Das hat sich bewährt, das bleibt.
• Hans Mohl, Leiter der Redaktion "Gesundheit und Natur", ist auch Erfinder der
"Aktion Sorgenkind", mit der das ZDF die Hilfsbereitschaft der Fernsehzuschauer
mobilisierte. Showmaster schafften es. Erst Peter Frankenfeld ("Vergißmeinnicht"),
dann Wim Thoelke ("Drei mal neun"). Bilanz: 39 Millionen für geistig und
körperlich behinderte Kinder!
• Zuschauer zu mobilisieren verstand auch Eduard Zimmermann, dessen erste "Aktenzeichen
XY"-Sendung am 20.10.1967 über den Bildschirm ging. "Ganoven-Edes" Gaunerjagd
bleibt umstritten. Auch die Zahl der von ihm gefaßten Kriminellen. Unumstritten dagegen
ist die Zahl der gefesselten Zuschauer!
• Die Zuschauerzahl allerdings stieg erst ins Ungemessene, als "Der Kommissar"
Erik Ode auf den Bildschirm kam. Der von einem Unterhaltungs-Spezialisten namens Ringelmann ins
Leben gerufene und von Drehbuchautor Herbert Reinecker geschriebene Dauerbrenner war ursprünglich
nur auf 13 Folgen geplant. Heute ist kein Ende der Reihe abzusehen. "Der Kommissar" ist
zum internationalen Krimi-Hit geworden!
• Neue Wege in der Unterhaltung gingen die Mainzer mit der Reihe "Schaufenster
Deutschland". Carlheinz Hoffmann und Karin von Faber mischten Showelemente mit aktueller
Information. Eine Sendung, die - im Ansatz zumindest - das vorwegnahm, was heute als die Form der
Zukunft gilt: die Talk-Show.
• Geradezu brisant neu war das Experiment "Wünsch dir was" mit Dietmar Schönherr
und Vivi Bach. Es mixte Unterhaltung mit oftmals provozierenden zeitkritischen Tests. Die Sendereihe
wurde zwar abgesetzt, dürfte aber nicht spurlos an den Programm-Machern vorbeigegangen sein.
Künftige Shows werden es zeigen!
Garant für neue Wege in der Fernseh-Unterhaltung des ZDF ist Peter Gerlach. Mit der
"Lilli-Palmer-" und der "Gert-Fröbe"-Show signalisierte er, was ihm
vorschwebt: weniger Ausstattung, mehr Persönlichkeit. "Ein echter Könner wird auch
vor einer weißen Wand ein Könner bleiben."
Geleistetes und Geplantes: eine imposante Bilanz. "Wenn man will", meint Fernsehspielchef
Gerhard Prager, "kann man diese Aufzählung der Lichtblicke beliebig fortsetzen!"
Grund genug, den Mainzern alles Gute zu wünschen. Einer allerdings glaubt, dazu keinen Grund
zu haben: der wegen einer Eheverfehlung gefeuerte Showmaster Lou van Burg. Er wünscht dem ZDF
"nichts Gutes, weil es mir auch nichts Gutes wünscht".
Ein Opfer der puritanischen Moral? Die Zeiten haben sich geändert, und das ZDF auch.
Heute würde es keine Onkel-Lou-Affäre mehr geben. Sagt man in Mainz.
Apropos Mainz. Wir sprechen immer vom Mainzer Fernsehen. Stimmt das? Nein. Bis heute jedenfalls
wird das ZDF-Programm von Wiesbaden aus in den Äther gestrahlt. Erst wenn das
300-Millionen-Projekt Lerchenberg neues Sendezentrum wird, im 11. Jahr des ZDF, kann man mit
Fug und Recht vom "Mainzer Fernsehen" sprechen.
-Mainzer "Hörzu"-Redaktion-
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