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Die drei Tenöre -- ZDF -- "HÖRZU" Nr. 30 vom 24.07.1998, S. 23:

Gepflegte Langeweile

Drei Tenöre, deren stimmlicher Glanz verblichen ist, eine Bildregie, bei der Auge und Ohr so gut wie nie zusammenfanden, und Nina Ruge als Moderatorin, deren Wortschatz eher einem Musikantenstadl gerecht wurde, verliehen diesem Abend etwas von Untergangsstimmung.
-Walter Hermann aus H.-

Welcher Sadist maßt sich das Recht an, uns das unsägliche Geschwätz der Frau Ruge vorzusetzen?
-Ivan D. aus K.-

Geld regiert die Klassikwelt. Da müssen sich auch die drei angeblich "weltbesten" Tenöre gedacht haben. Wo es aber 1990 und 1994 noch streckenweise elektrisierende Momente gab, herrschte diesmal gepflegte Langeweile. Und wenn sich Frau Ruge schon auf fremdes Terrain begibt, dann bitte nicht mit Falschinformationen und Aussprachefehlern am laufenden Band.
-Holger Wemhoff, Klassik Radio, Hamburg-

Derrick -- "HÖRZU" Nr. 31 vom 31.07.1998, S. 12:

Ach du lieber Harry!

Ein Fall noch, dann ist Schluß für das dienstälteste Kripo-Duo im deutschen Fernsehen. Wenn die letzte "Derrick"-Folge am 16. Oktober gelaufen ist, die Abschieds-Gala tags darauf überstanden ist, hat das ZDF seinen Kultfiguren "Stefan" und "Harry" erst mal nichts mehr zu bieten.

Was immer an Anschluß-Plänen gehandelt wurde: konkret ist noch gar nichts. Horst Tappert, 75, sollte im November in Thailand das TV-Movie "Flucht aus der Hölle" drehen. Aber derzeit stehen weder Finanzierung, Regie noch Besetzung. Auch Fritz Wepper, mit 56 zu jung für den Ruhestand, wartet bisher vergeblich auf neue Aufträge. Klar ist nur, daß die Reihe "Zwei Brüder" mit Bruder Elmar weiter läuft. ZDF-Fernsehspielchef Hans Janke: "Autor Felix Huby muß auf die Tube drücken, damit Fritz mehr zu spielen kriegt."

Eine "Derrick"-Fortsetzung, zugeschnitten auf "Harry Klein", ist nicht geplant. Ein Exposé, das Wepper dem ZDF einreichte - Harry macht als Privatdetektiv in Bürogemeinschaft mit zwei schrillen Nachbarn weiter -, schmort in der Schublade. Janke, vorsichtig: "Ich möchte Herrn Wepper fair behandeln, aber wir haben im Moment eher zu viele Krimiformate als zu wenige." Als Witzfigur bleibt "Harry" dennoch begehrt: In der ARD-Klamotte "Die blaue Kanone" stand Wepper gerade als vertrottelter Cop vor der Kamera. Name: Harry Gross.

-amb ("HÖRZU")-

Polizeiruf 110: Rot ist eine schöne Farbe -- ARD -- "HÖRZU" Nr. 31 vom 31.07.1998, S. 23:

Viel zu verworren

Eine Anhäufung guter Schauspieler macht leider noch keinen guten Krimi. Die Geschichte um einen korrupten Polizisten war viel zu verworren. Zu diesem Chaos paßte auch der Titel, bei dem mir nicht klar wurde, was er bedeuten sollte.
-Ronald M. aus Düsseldorf-

Zu meiner großen Freude war Heribert Sasse endlich mal im Fernsehen als Schauspieler zu sehen. Schade, daß sich der Intendant des Berliner Schloßparktheaters so rar auf dem Bildschirm macht.
-Astrid F. aus Berlin-

Eine Frau will nach oben -- "HÖRZU" Nr. 32 vom 07.08.1998, S. 19:

Susan Stahnke, Sprecherin der "Tagesschau", will jetzt auch moderieren. Die geplante Reihe heißt "Eingeladen bei Weltstars"

Wenn es stimmt, daß der erste Eindruck entscheidet, hat sie mal wieder gewonnen. Susan Stahnke tritt mit diesem federnden Gang an die Rampe, der die Tänzerin verrät. Sie kündigt ausländische Sänger an, die Arien mit komplizierten Titeln singen, artikuliert perfekt, ohne Versprecher und ohne Spickzettel.

Auch mit dem Inhalt ihrer Ansagen kann sie garantiert nichts falsch machen. Wie gern Placido Domingo in Hamburg zu Gast sei, sagt sie. Und daß die Zuschauer bestimmt ein paar wunderschöne Melodien mit nach Hause nehmen werden. Das Publikum in der Musikhalle applaudiert, Susan wendet sich ab und offenbart einen makellosen Rücken.

Galas wie der Sängerwettstreit "Operalia" sind derzeit Fingerübungen auf dem Weg nach oben. Glücksfall: Bei den Vorbereitungen hat Susan Stahnke den Mann getroffen, der ihr jetzt nur allzugern die Steigbügel hält. Konzertmanager Thomas Gericke produziert mit ihr eine hochkarätige Talk-Reihe, für die allerdings erst eine Folge - mit Placido Domingo - im Kasten ist. Mit Kevin Costner ist man im Gespräch, angeblich sind sogar Tony Blair und Bill Clinton nicht abgeneigt.

Sicher ist nur: Wer immer ihr gegenübersitzt - Susan Stahnke wird auch als Gastgeberin nichts falsch machen. Sie weiß vermutlich gar nicht, wie das geht. Ihr Lebenslauf strahlt blütenrein, eine Vita mit Goldkante. Die Schulzeit in Hameln: eine Erfolgsgeschichte. "Mir hat das Lernen immer Freude gemacht." Die Bewerbung zum großen NDR-Casting 1987: sie meldet sich als letzte und wird als einzige genommen. Neben ersten Ansagen auf N3 studiert sie Betriebswirtschaft, absolviert ein Sprechtraining, ein journalistisches Praktikum, lernt Italienisch, Spanisch, Portugiesisch (Englisch und Französisch kann sie sowieso).

1992 wird die Perfektionistin von Werner Veigel für die 20-Uhr-"Tagesschau" hochgelobt, präsentiert bald darauf Musikgalas auf N3. Was immer an branchenüblichen Fallstricken herumliegen mag - sie kommt kein einziges Mal ins Schleudern.

Selten wird man erleben, daß sich die jüngste "Tagesschau"-Sprecherin verspricht. Ihren Job nimmt sie so ernst, daß sie sich jede Konkurrenz-Beobachtung bei Privatsendern verkneift. "Da höre ich womöglich falsche Betonungen und trainiere mir etwas Unkorrektes an. Wenn ich fernsehe, dann die "Tagesschau", da komm´ ich gleich gut vorbereitet zum Dienst."

Privat verplaudern, verplappern gar - undenkbar. Susan Stahnke hat jedes Wort unter Kontrolle. Der Förderer Veigel war "ein väterlicher Freund". Und Eva Hermann ist eine wunderbare Kollegin, die ihr nach einer ihrer ersten Moderationen ein dickes Lob auf den Anrufbeantworter sprach. "Ist das nicht reizend?" Das Band hat sie sich aufgehoben.

Kritische Töne gleiten an ihr ab wie Wassertropfen an einer spezialimprägnierten Regenhaut. Etwa so:

Frage: "´Musik für Millionen´, ihre erste Samstagabend-Show, ausgestrahlt am 18. Juli, ist ein Format aus den siebziger Jahren. Kann es eine Dreißigjährige reizen, Nummerngirl für die ältere Generation zu sein?"

Antwort: "Wir hatten doch Harald Juhnke dabei, der spricht Junge wie Ältere an." Dann erwähnt sie, daß sie in der Biographie des geschätzten Herrn Juhnke vorkomme, "auf Seite 140 oder 141, wenn Sie nachschauen wollen". Auf Seite 141 von "Meine sieben Leben" erfährt man, daß Juhnke im Foyer des "Atlantic" der bezaubernden "Tagesschau"-Sprecherin Stahnke vorgestellt wurde.

Noch ein Versuch: Frage: "Hat Ihnen mal jemand gesagt, wie überperfekt Sie wirken?" Stahnke, lächelnd: "Ich höre öfter, daß ich sehr professionell wirke. Na ja, ich verspreche mich wirklich selten."

Pleiten, Pech und Pannen? Lange denkt sie nach, erinnert sich an das NDR-Casting, über zehn Jahre her. Alles hatte wie wieder gut gemacht, hatte gelächelt, sich nicht versprochen. Dann der Satz des Sendeleiters: "Und nun erzählen Sie uns doch mal was Privates." Stahnke: "Da sind mir kurz die Gesichtszüge entgleist."

Kommt ganz bestimmt nicht wieder vor.

-Angela Meyer-Barg ("HÖRZU")-

Tour de France -- "HÖRZU" Nr. 32 vom 07.08.1998, S. 25:

Unglaubliches Drama

Traurig, traurig, was man am Bildschirm miterleben mußte. Das war wirklich ein unglaubliches Drama. Diese Katastrophen-Tour hat dem Ansehen des Radsports tiefste Blessuren zugefügt. Ob die je wieder heilen? Mir taten die nicht gedopten Fahrer leid. Andererseits konnte man ja in Zweifel geraten, ob es überhaupt noch ungedopte Fahrer gibt.
-Hans-Lothar G. aus Hamburg-

Bei aller Aufregung über den Verlauf der Tour möchte ich doch auf die großen Unterschiede in der Berichterstatter-Qualität hinweisen. Da war die Schlaftablette Jürgen Emig in der ARD, während Rudi Cerne im ZDF seine Sache frisch und munter machte. Sieger aber: der engagierte Klaus Angermann von Eurosport.
-Jens Lossin aus Braunschweig-

Gewinner des "Roten Trikots" für fahrige Berichterstattung: Jürgen Emig.
-Wolfgang E. Z. aus St. A.-

Der Coup -- ARD -- "HÖRZU" Nr. 32 vom 07.08.1998, S. 25:

Herrliches Paar

Gisela Uhlen und Heinz Schubert - ein herrliches Paar. Sie brauchten sich nur wortlos gegenüberzustehen, und schon mußte man schmunzeln. Die beiden haben meine allergrößte Bewunderung hervorgerufen.
-Elfriede S. aus Tann / Rhön-


Tatort: Tanz auf dem Hochseil -- ARD -- "HÖRZU" Nr. 32 vom 07.08.1998, S. 25:

Reizvolles Milieu

Zirkus hat immer was Spannendes und Exotisches. Sein reizvolles Milieu kam in dem Krimi toll zur Geltung. Es war die authentische Manegen-Athmosphäre, die einen bei der Stange hielt. Anrührend: der kleinwüchsige Michael Markfort als Clown und Täter.
-Albert H. aus Regensburg-


Hommage für Hermann Prey -- ZDF -- "HÖRZU" Nr. 32 vom 07.08.1998, S. 25:

Stümperhafte Sendung

Für die unverständlicherweise erst um Mitternacht ausgestrahlte, lieblos zusammengestümperte Gedenksendung zu Ehren des herausragenden Sängers und Menschen sollte sich ZDF-Intendant Professor Stolte bei den Hinterbliebenden unbedingt entschuldigen. - Tausend Dank, daß es Sie gab, Hermann Prey.
-Gisela S. aus Berlin-


Zu den Bismarck-Gedenksendungen in ARD und ZDF -- "HÖRZU" Nr. 33 vom 14.08.1998, S. 27:

Wenig Tiefgang

Erschütternd, daß den jungen Menschen zum Stichwort Bismarck meist nur Mineralwasser und saure Heringe einfielen. Da kann man nur mit dem Titel der ZDF-Sendung sagen: "Wenn das der Bismarck wüßte!"
-C. K. aus Düsseldorf-

Ich war sehr gespannt auf die Beiträge zum 100. Todestag des "Eisernen Kanzlers". Sie fielen aber leider auf beiden Kanälen enttäuschend aus, hatten für meinen Geschmack zu wenig politischen Tiefgang. Man hatte sich in - teils ganz unterhaltsame - Feuilletons gerettet, um sich nicht mit früheren, komplizierten historischen Zusammenhängen und den Fragen nach der heutigen Bedeutung Bismarcks näher auseinandersetzen zu müssen.
-Alf P. aus Berlin-

Seriösere Auseinandersetzungen mit dem listigen Deutschland-Einiger hätte ich mir gewünscht und kein wohlfeiles Geschwätz. Der Mann ist doch bis heute ernsthaft umstritten.
-Martin M. aus Schwerin-


Endzeitfieber -- ZDF -- "HÖRZU" Nr. 33 vom 14.08.1998, S. 27:

Unglaubliche Ängste

Es ist unglaublich, mit welch abstrusen Ängsten sich viele Menschen zum Jahrhundertende plagen und sich von Nostradamus und anderen - oft zweifelhaften - Propheten verrückt machen lassen. Die Dokumentation der Auswüchse war zwar beeindruckend, aber mehr noch bedrückend.
-Elke J. aus Bad S.-


Biggi -- "HÖRZU" Nr. 34 vom 21.08.1998, S. 31:

Mühsamer Humor

Warum kriegt man in Deutschland keine richtige Blödelserie hin? Das fragte ich mich angesichts des mühsam tröpfelnden Humors, der mich nach der ersten Folge beschließen ließ, diese sogenannte "Comedyserie" nicht weiter zu verfolgen. Da lob' ich mir die reihenweisen Albernheiten der "Schrecklich netten Familie". Bei der sind gelungene Gags nicht bloß an den Fingern einer Hand abzuzŠhlen.
-Harry S. aus Bremerhaven-

Sieh an, sieh an, die Gila von Weitershausen entwickelt mit zunehmendem Alter tatsächlich Sinn für Komik. Als Hausfrau Biggi, die auf den künstlerischen Egotrip geht, ist sie in ihrer ersten Sitcom witzig und auch selbstironisch. Alles andere kann man ja vergessen.
-Angelika F. aus Wiesbaden-

Auch Klamauk, jedenfalls auf dem Bildschirm, muß gekonnt sein. Wie schwierig das hinzukriegen ist, sieht man an dieser peinlichen Serien-Veranstaltung. Eher zum Weinen, was Buch und Regie sich unter Lachnummern vorstellen und wofür die Schauspieler sich abstrampeln.
-Mirko St. aus Frankfurt/M.-


Veronas Welt -- RTL -- "HÖRZU" Nr. 34 vom 21.08.1998, S. 31:

Rosa Plüschkugel

Die Welt von Verona Feldbusch ist anscheinend eine rosa Plüschkugel mit einer Gummi-Ente und einem Lippenstift obendrauf. Anspruch auf große Themen wird nicht erhoben, auch nicht bei den geladenen Gästen. Es geht nur um einlullenden Small Talk ohne jede Substanz.
-Hanskarl H. aus A.-

Was finden nur alle an dieser piepsenden, grellen, künstlichen, sich dauernd verplappernden Erscheinung? Ich kann nur eines sagen: "Veronas Welt" wird die lächerlichste Fernseh-Show des Jahres.
-Günther St. aus E.-



Susan Stahnke -- "HÖRZU" Nr. 34 vom 21.08.1998, S. 31:

Kühle Präzision

Es ist wirklich bemerkenswert, mit welcher kühlen Präzision und Selbstsicherheit "Tagesschau"-Sprecherin Susan Stahnke ihre Sache macht. Das paßt genau zur "Coolness" der heutigen Zeit. Und warum soll sie nicht noch höher hinauswollen und eine eigene Sendereihe bekommen? Das bietet sich bei ihrem Aussehen und Talent doch geradezu an. -Ingrid-Maria B. aus Hamburg-

Schon seit ihrem Debüt ist mir die biedere blonde Dame ohne Versprecher sehr unangenehm überperfekt aufgefallen.
-Marion M. aus Osnabrück-


Gerd Ruge - 50 Jahre gegen den Strom -- WDR -- "HÖRZU" Nr. 34 vom 21.08.1998, S. 31:

Großes Dankeschön

Besser einmal sehen, als hundertmal hören", heißt ein russisches Sprichwort. Das hat Gerd Ruge mit seinen lebensnahen Reportagen stets beherzigt. Ein großes Dankeschön an ihn dafür, daß er "hinsieht" und nicht von Ferne alles glaubt. Die "Ruge-Nacht" anläßlich seines 70. Geburtstages und 50jährigen Berufsjubiläums war erstklassig, eine wertvolle Rarität im TV-Programm der 90er Jahre.
-Karin K. aus Dülmen-



Kalkofes Mattscheibe -- Premiere -- "HÖRZU" Nr. 34 vom 21.08.1998, S. 31:

Der TV-Wüterich

Kultnacht mit Kalkofe - Mattscheibe gnadenlos: Der Fernsehlästerer führt in seiner Satire-Show das Bildschirmgrauen vor - geschont wird niemand


Traut man ihm gar nicht zu, diesem sympathischen jungen Mann mit dem weichen Gesicht, daß er Dinge sagt, wie "Patrick Lindner soll in Wirklichkeit nur ein genetisch manipuliertes Gesäß mit Dauerwelle sein", oder daß er Gotthilf Fischer einen "sprechenden Pudel" nennt. Wie er da am Tisch sitzt im sonnigen Innenhof des Hamburger Hotels "Atlantic", könnte Oliver Kalkofe auch der höfliche Kreditberater der Kreissparkasse Peine-Süd sein. Doch hinter der harmlosen Milchbubi-Fassade steckt Deutschlands einziger gnadenloser TV-Lästerer. Regelmäßig führt der 32jährige in seiner Comedy-Show "Kalkofes Mattscheibe", die unverschlüsselt im Pay-TV-Kanal Premiere läuft, die Mumien, Monstren und Mutanten des täglichen deutschen Fernseh-Wahns vor. "Neu, präzise, radikal und immer am Rande der Geschmacklosigkeit", hieß es 1996 lobend in der Begründung, als Kalkofe den angesehen Adolf-Grimme-Preis erhielt. Er selbst nennt seine Sendung den "einzig wirksamen Fäkalkomposter für medialen Sondermüll". Wenn Kalkofe seinen wuchtigen Körper per Bluebox-Verfahren vor das "Glücksrad" oder neben Karl Moik in den "Musikantenstadl" schiebt, bleibt es nicht bei Verbalinjurien: Der TV-Wüterich holt gern mit dem Holzhammer aus und erbricht sich auch mal virtuell auf Carolin Reibers Dirndl.

Kalkofe gehört zu jener Generation, für die "jede Fernsehserie, jede Show, jeder Film etwas ganz Besonderes war. Als Sechsjähriger fand ich zum Beispiel die 'Peter Alexander Show' richtig lustig. Heute verstehe ich das nicht mehr. Aber ich dachte ja damals auch, Godzilla sei ein toller Schauspieler." Der Weg von der unreflektierten Begeisterung für das Fernsehen bis zur bitterbösen Abrechnung mit dem Medium führte über die Mitarbeit bei der brachial-anarchistischen Comedy-Show "Frühstycksradio" beim niedersäsischen Radiosender ffn. Dort entstand der Hörfunk-Vorläufer der TV-"Mattscheibe", die bei Premiere seit April '94 läuft. Die Vorbereitungen für die 15minütigen Sendungen fordern den ganzen Kalkofe: Sieben bis zehn Tage sieht er nonstop an, was Mitarbeiter aus Shows, Nachrichten und Magazinen herausgefiltert haben. "Am Anfang war das noch reizvoll", sagt Kalkofe, "jetzt ist es meistens Folter. Das Texteschreiben und das Drehen machen aber riesigen Spaß.". Für Kalkofe ist es kein Problem, im Fernsehen das Fernsehen zu attakieren: "Wo soll das besser gehen? Und ich schone auch niemanden. Was bei Premiere hochzunehmen ist, habe ich mir vorgenommen - Programmansagen, Willemsen, das Kinomagazin." Der große Vorteil des Pay-TV-Senders: Der Spötter muß keine Rücksicht auf Werbekunden nehmen. Dennoch zieht er eine klare Grenze, wie weit die "Mattscheibe" gehen darf: "Ich schlage nicht blind drauflos, Publikum und Kandidaten sind tabu." Gegenüber den Verantwortlichen für das Bildschirmgrauen ist er freilich hemmungslos. Die Betroffenen nehmen's unterschiedlich. MDR-Moderator Achim Mentzel ("Achims Hitparade"), eine Lieblings-Zielscheibe von Kalkofe ("Er hat die Evolutionstheorie ad absurdum geführt, ist inzwischen ein guter Freund. "Wenn jemand so viel Abstand hat, daß er über sich selbst lachen kann, dann verdient das Hochachtung. Ulla Kock am Brinck ist ein ähnlicher Fall." Bei einem Interview hatte die "Lotto-Show"-Frau ihm so kräftig Contra gegeben, daß selbst der TV-Terminator beeindruckt war. Nun präsentieren beide 180 Minuten "Mattscheiben"-Höhepunkte. "Es soll eine Art Show-Gala werden", sagt Kalkofe. "Wir suchen noch prominente Opfer zum Mitspielen."

Ab Oktober startet dann die neue Staffel der TV-Satire. Zeitgleich erscheinen ein "Mattscheibe"-Buch und eine CD. Eine Lese-Tour soll folgen. Danach will Kalkofe Pause machen und über neue Konzepte nachdenken. Wie, was und mit wem - das ist noch völlig unklar. Eines aber steht fest: "Nach fast fünf Jahren 'Mattscheibe' muß was anderes passieren, bevor ich beim Fernsehgucken völlig wahnsinnig werde."


-Anke Kapels, HÖRZU-


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