1994: 14-15, 49-50     
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PUR -- ZDF -- "Hörzu" Nr. 14 vom 31.03.1994, S. 112:

Flott, aber flach

Gute Idee: Kindern zu helfen, sich im Alltag zurechtzufinden. Doch die erste Folge von PUR, dem neuen "Durchblick-Magazin" des ZDF, überzeugte nicht. Es ging um "Schule - echt ätzend?". Man hörte Blabla der Kids über täglichen Streß und eklige Pauker. Sah einen dünnen, recht albernen Comic zur Geschichte von Lesen und Schreiben. Und ein Hamburger Gymnasium zeigte eine Zirkus-Show. Ob das die Alternative zu tristen Turnstunden sein kann, bleibt fraglich. Sehr flüchtig auch die Büchertips. Alles superflott getrimmt, ein aufgepeppter Bilderbogen mit wenig hilfreicher Information. Von Durchblick kaum eine Spur.

-Günther Wolf, "Hörzu"-


Goldmillion -- ZDF -- "Hörzu" Nr. 14 vom 31.03.1994, S. 112:

Statt Lippi ein Flippi - jedoch keine Verbesserung

Kein leichter Job für Günther Jauch: Den Wolfgang Lippert bei der Goldmillion zu vertreten, ohne ihn zu zertreten. Mit "Lippi"-Brille konnte er immerhin den auf Herrchens Aussehen dressierten Hund "Bravo" für sich gewinnen, beim Publikum fiel ihm das schon schwerer. Zudem mußte er sich mit spröden, wenig wissenden Kandidaten rumärgern. Als sie das Bilderrätsel nicht lösten, frotzelte er: "Das erste Mal drei Versager im deutschen Fernsehen." Ohne Pep führte er durch den Abend, überzog sogar 35 Minuten. Aber daran war auch Auto-Schwafler und -Überbringer Björn Hergen Schimpf schuld. Peinlich inszeniert: Jauchs Versuch, eine Strip-Nummer zu verhindern ("Herr Thoelke, hier wird Ihr Lebenswerk zerstört"). Es wurde nur erneut das schwache Konzept dieser Show entblößt. Daran könnte selbst ein Jauch in Hochform nichts retten.

-Birgit Mertin, "Hörzu"-

Fußballübertragungen -- RTL -- "Hörzu" Nr. 14 vom 31.03.1994, S. 113:

Warum nur taucht ein Dauer-Schwätzer wie Uli Potofski immer wieder als Fußball-Kommentator auf? Gibt es denn niemanden, der seine absolute Inkompetenz erkennt und ihm endlich die rote Karte zeigt? Die reichlichen Fehlinformationen und bis zu zehnmahligen Wiederholungen innerhalb einer Spielübertragung müßten dafür doch langen.
-Werner P. aus Wuppertal-

Das pausenlose Geschwätz von Herrn Potofski ist unerträglich. Selbst die vom Sender eingeblendeten Schriftbänder werden noch vorgelesen. Bitte, raus mit ihm aus dem Stadion!
-Horst Sch. aus S.-

Das war ja wohl eine Frechheit: RTL beginnt mit der Live-Übertragung von Bayer Leverkusen gegen Benfica Lissabon eine Viertelstunde vor der Halbzeitpause. Wozu kaufen die Privaten dann die Übertragungsrechte?
-Gunther B. aus Bad Honnef-


Drei Mann im Bett -- ARD -- "Hörzu" Nr. 14 vom 31.03.1994, S. 113:

Schwachsinn

Nein, wie komisch? Der haifischlächelnde Karsten Speck als Kraftprotz und Jochen Busse (den ich sonst so schätze) als sogenannter Hypochonder, der verblödete Arzt und die programmierten penetranten Lacher - für was um alles in der Welt hält man uns zahlenden Fernsehkonsumenten, daß man uns solch einen Schwachsinn vorzusetzen wagt?
-Katharina B. aus G.-

Das kommt dabei heraus, wenn Deutsche sich an einer Comedyreihe versuchen. Diese schwierige Kunst sollte man doch lieber den Engländern und Amerikanern und ihrem Humor überlassen.
-Felix G. aus München-

Trost für die nächsten Folgen: Blöder kann´s ja wohl kaum werden.
-Lena F. aus Köln-


Eine Hymne auf Al Bundy, den Versager -- RTL --
"Hörzu" Nr. 15 vom 08.04.1994, S. 32-33:

Er stänkert, er ist ungewaschen, und er läßt sich von allen tyrannisieren. Trotzdem lieben die Zuschauer "Al Bundy" und seine "Schrecklich nette Familie". Und das ist auch kein Wunder - meint HÖRZU-Autor Oskar Beck

Al Bundy ist das ärmste Schwein von Chicago: Damenschuhverkäufer, Trottel, Versager - und auch noch Schlappschwanz im Bett.

Dabei hat seine Peg Pfeffer im Po. Peggy Bundy mag die Liebe einfach. Die Rothaaige wackelt dann mit den großen Ohren, tippelt mit einem schamlosen Spruch auf den Lippen zu Al - und der ahnt mit Schrecken: "Die Schokolade im Auto, das Öl am Reißverschluß: du willst Sex!?" Peg, das faule Luder, ist wie die ganze Show: scharf.

Pardon, aber auch die Bundys nennen die Dinge beim Namen. Diese inklusive Köter fünfköpfige TV-Brut - "Eine schrecklich nette Familie" - läßt die Sau raus. RTL: "Die tägliche Dosis Wahnsinn."

Wahnsinnig witzig und wunderbar: ein Comedy-Heuler artet zur Kultserie aus. Von Afrika bis Affalterbach klopfen sich die Fans auf die Schenkel, wenn Al sich morgens die dünne Frisur legt und durchs Haus pflaumt: "Hast du die Haare weggeworfen, die ich mir im Bad hingelegt habe? Und wo ist mein Deodorant?"

Peg, die hohle Nuß, motzt dann: "Das ist keine Fangfrage - du hast keins." Al riecht nicht gerade nach Quellwasser - vor allem seine Socken. Über der Hose schwabbelt die Wampe. Er ist ein Prolet, ein Kotzbrocken, zynisch, geschmacklos und primitiv - gelangweilt glotzt er fern, mustert seine Alte und sagt angeekelt: "Wie lange sind wir verheiratet - 40 Jahre oder 50?"

Ich liebe den Kerl - neulich hat er ein paar Glatzköpfe mit dem Satz begrüßt: "Ach ja, ich muß mal wieder Poolbillard spielen."

Ich liebe auch Peg, die nur eins im Kopf hat. Ich liebe Bud, den pubertären Rotzlöffel. Ich liebe das kleine Flittchen Kelly - "Reden Sie langsam, ich bin blond." Al nennt sie Dumpfbacke. Noch blöder ist nur Buck, der Haushund. Ich liebe diese schrecklich nette Familie.

Wer liebt sie nicht? Über die Bundys, die die Familie als lebenslängliche Strafe betrachten, sich streiten, Pornos gucken und den Haarausfall fürchten, lachen sich regelmäßig zwei bis drei Millionen Deutsche tot. Speziell über Al: Der Kerl hat nichts zu verlieren - und sagt knallhart, was er denkt.

Möchten wir das nicht alle? Die Bundys, bitterbös überzeichnet, sind von einer anarchischen Wahrheit, eine radikale Parodie auf die Idylle der üblichen TV-Familien - da wird über die Probleme kein Pudding gegossen oder Puderzucker gestreut. Und noch was: sind wir nicht alle kleine Sünderlein mit unseren Schwächen und Sorgen?

Ed O´Neill, 47, der als Al rüpelt und rülpst, weiß über das Geheimnis des Bundy-Triumphs: "Die Leute finden sich in uns wieder. Hand aufs Herz: Hat nicht jeder mal null Bock auf Sex?"

Al, der impotente Blindgänger, ist als Bettflasche zum Brüllen. Irgendwann tröstet ihn nur noch sein Haarausfall: "Der Kopf kahl, im Bett kolossal." Das will Peg natürlich gleich wissen.

Al, stinkig: "Die Kinder sollten dir eine Lehre sein. Es kommt nichts gutes dabei raus."

Humor pechschwarz. Ich liebe diese schräge Show.

-Oskar Beck, "Hörzu"-


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