Das Schweigen ist anstößig -- SDR Radio -- "Hör Zu" Nr. 43 / 1966, S. 6:
"Plädoyer für die eheliche Freude - wider die eheliche Pflicht." Das ist ohne Zweifel ein Sende-Titel,
der viele aufhorchen, andere aber zusammenzucken läßt.
Im Süddeutschen Rundfunk läuft jetzt eine Sendereihe, die zehn "Plädoyers für die Liebe" bringt.
Vorstellungen einer falsch verstandenen christlichen Ehemoral sollen korrigiert, Fragen der Familienplanung ohne Scheuklappen
behandelt werden. Zum selbstverständlichen Vokabular gehört auch das Wort 'Geschlechtserziehung'.
Und noch einmal: Mancher wird aufhorchen, denn bislang zeichnete sich unserer Volk nicht durch aufklärerischen Geist aus.
Mancher aber wird zusammenzucken, weil er "peinlich" berührt ist. "Darüber" spricht man doch nicht!
Schon gar nicht in aller Öffentlichkeit.
Ist wenigstens für den Ausschluß der Jugend gesorgt? Auch nicht.
Ja, soll denn nicht mehr gelten, was man der Menschheit von Kindesbeinen an eingeimpft hat? Daß alles, was mit dem
Geschlechtsleben des Menschen zusammenhängt, Sünde ist, deren man sich zu schämen hat?
Lassen wir dahingestellt, woher diese fatale Irrlehre stammt. Sie ist weder moralisch noch religiös zu begründen.
Und hat eben doch lange, ja allzu lange ihre Wirkung getan. So sehr, daß sich sogar in die Ehen das schlechte
Gewissen eingefressen hat.
Wenn etwas anstößig ist, dann ist es nicht die offene Aussprache über eine der wichtigsten Fragen unserer
Lebensgestaltung, sondern der muffige Geist, der solche Aussprache bisher verhindert hat. Ganz und gar nicht verhindert hat er
hingegen die übermäßige Sexualisierung, den Sexkult unserer Tage. Schlimmer noch: Fast alles, was wir auf diesem
Gebiet durchmachen, ist eine Folge des Schweigens, der Verdrängungen der verkümmerten Kultur unseres Liebeslebens.
Deshalb ja und dreimal ja zu solchen mutigen Unternehmungen des Rundfunks. Hier wird ausdrücklich von Plädoyers
"für eine humane Sexualität wider den Sexkult" gesprochen. Wer das eine vom anderen nicht zu unterscheiden
vermag, hat gewiß nicht das Recht, die Nase zu rümpfen. Er hat es vielmehr nötig, sich endlich einmal
sauber aufklären zu lassen.
Aber ist so eine Reihe nicht gefährlich für die Jugend? Abgesehen davon, daß die Plädoyers in erster Linie
die Erwachsenen ansprechen sollen, ist keineswegs ausgeschlossen, daß auch Jugendliche zufällig oder bewußt
um 21 Uhr die Sendungen hören.
Mag sein, daß sie noch nicht alles begreifen - aber was sie begreifen, kann sie nur wissender, freier machen.
Und reifer für Entscheidungen, die das Leben sehr bald von ihnen fordert, ohne daß ihnen irgend jemand Maßstäbe
und Möglichkeiten der Orientierung geboten hŠtte. Wir bejahen diese Sendereihe, auch wenn wir vielleicht in manchem Punkt
die Auffassung des Autors verneinen. Wir erwarten selbstverständlich, daß Gegenmeinungen die gleiche Chance bekommen.
HÖR ZU plädiert grundsätzlich dafür, daß lebenswichtige Fragen des einzelnen und der Gesellschaft frei
und offen diskutiert werden dürfen; sie dulden weder ein Tabu noch eine Zensur.
-HZ-
Raumpatrouille -- ARD -- "Hör Zu" Nr. 43 / 1966, S. 8:
Die ausgefeilte brillante Tricktechnik in der Sendung 'Raumschiff Orion' kann sich jederzeit mit
ausländischen Filmen dieser Art messen.
-Wolfgang W. aus W.-
Als ich die Menschen in ihrem Hauptquartier beobachtete, wurde ich an Begebenheiten erinnert, die sich ähnlich
im Führerhauptquartier abgespielt haben könnten. Die Angst um das eigene Leben, verdeckt unter der Masche
des Heldenhaften, war gut dargestellt.
-Karl A. aus Solingen-
Es ist doch wirklich ein Witz, über diese Serie zu polemisieren. Hier wird von den "gründlichen"
Deutschen bei einer Fernsehserie, die nur Unterhaltung sein soll, wissenschaftlicher Tiefgang verlangt.
-Christel G. aus Berlin-
Interessant und spannend. Aber schon wieder Krieg und Vernichtung? Reicht die Phantasie nicht soweit, daß man
sich Lebewesen vorstellen kann, die im Gegensatz zu denen auf der Erde, von Politikern regiert werden, die mehr Verstand
haben als die auf der Erde?
-Klaus B. aus Wanne-Eickel-
Um die Zukunft zu begreifen, können wir gar nicht utopisch genug sein. Was wir heute erleben,
war doch vor 100 Jahren auch nur ein Märchen.
-Wilhelm S. aus Bad Kreuznach-
Noch sieben weitere Folgen bitte!
-Bärbel K. aus B.-
Kann man nicht Fehler vermeiden, wie Geräusche bei explodierenden Planeten?
Im All gibt es keinen Schall; die Luft zur Übertragung fehlt. Dort ist es sogar in einem Kriege lautlos!
-Hans-Jürgen Z. aus Hannover-
Man muß dem Fernsehen zu dieser Serie gratulieren. Wenn nicht alles so ist, wie wir es uns heute vorstellen,
macht das nichts.
-Alfred H. aus Saarbrücken-
Endlich mal etwas, das aus dem eintönigen Fernsehalltag herausragt.
-Heinz F. aus Remscheid-
Im All nichts neues -- ARD -- "Hör Zu" Nr. 43 / 1966, S. 10:
Im Jahr 3000 gibt es nur noch Weltbürger. Die Nationen sind verschwunden. Oder?
Der Journalist Horst S. Vetten hat sich die Besatzungsliste der 'Orion' einmal genauer angesehen...
Cliff Allister McLane hat schon ein halbes Dutzend schnelle Raumkreuzer vom Typ 'Orion' zu Klumpen gefahren.
So ein Teufelskerl ist das.
Tamara Jagellovsk, Offizier des Weltgeheimdienstes, ist McLane beigeordnet worden, damit er im Weltraum
nicht so viel Unfug treibt. Beispielsweise rettet er gerne Menschenleben. Damit bringt er seine
Vorgesetzten auf die Palme.
Schließlich schreibt man das Jahr 3000. Da ist kein Platz mehr für Gefühlsdusel wie -
sagen wir mal: 1966. Man bemerke den hintergründigen Regieeinfall mit den Namen. Cliff Allister
McLane, was ist er wohl für ein Landsmann, dieser menschenfreundliche, whiskytrinkende,
saloppe Sonnyboy, he?
Tamara Jagellovsk, die sibirisch unterkühlte Tamara aber, der die Menschenleben "wurscht" sind,
ein weiblicher Aparatschik, stur wie ein T 34: Wo mag denn wohl ihre Wiege gestanden haben?
Da bemängeln manche, der Orion-Serie des Deutschen Fernsehens fehlten die letzten Feinheiten.
Wie ungerecht. Cliffy und Tamara in einem Raumschiff des dritten Jahrtausends - ja, ist das
vielleicht keine Feinheit?
Auch sonst ist die Nationalitätenfrage in und um Orion mit hellseherischem Weitblick geregelt.
Die technisch niederen Dienste im Kreuzer tun Mario de Monti (Italien) und Hasso Sigbjörnson
(Skandinavien), woran man sieht, daß sich zumindest am Gastarbeiterstatus ersterer und an der
internationalen Nebenrolle letzterer nichts geändert haben wird.
Atan Shubashi ist Geheimdienstchef des Jahres 3000, ein Japaner: Klar, bei der Hintergründigkeit.
Wir Deutsche sitzen ebenfalls dicke drin: Wir haben den General Wamsler als Chef der Raumflotte, und
für die Österreicher war immerhin noch ein Oberst übrig (was einer erheblichen internationalen
Aufwertung gleichkommt, bedenkt man, daß die Österreicher vor kaum 1100 Jahren mit einem
Gefreiten angefangen hatten).
Für Frankreich sitzt Mademoiselle Helga Legrelle im schnellen Raumkreuzer Orion. Aber was tut sie?
Sie fummelt an elektronischen Geräten herum, hält traute Zwiegespräche mit Computern und
arbeitet sich auf mit Zahlen, Kurven und Elektronik. Es ist einigermaßen ernüchternd,
dies von einer Französin des Jahres 3000 zu wissen.
Komfortabel wie Orion beschaffen ist (und auch, weil noch ein paar Nationalitäten fehlen), könnten
durchaus etliche Personen mehr in die Handlung eingebaut werden, und das läßt sich
bewerkstelligen, ohne den Ablauf wesentlich zu ändern: Ein Mädchen au pair aus der Schweiz,
eine Köchin aus Böhmen und ein Butler aus England könnte Orion durchaus noch verkraften.
Sage keiner, das gäb's in Raumschiffen nicht. Wer einmal gesehen hat, wie Commander McLane am
Speiseautomaten den Knopf "Wiener Schnitzel" gedrückt hat und wie er sich zwanzig
Sekunden später mit vollem Tablett zum Mahle setzte (Silberbesteck), der hält auf Raumschiffen
alles für möglich. Sogar ein WC mit Wasserspülung. Und mit Toilettenfrau.
Letztere Position ist freilich kaum zu besetzen. Wegen der Nationalitätenfrage.
-Horst S. Vetten-
Richard Kimble -- "Hör Zu" Nr. 43 / 1966, S. 10:
Ich kann die Leute nicht verstehen, die ständig auf Richard Kimble herumhacken.
David Janssen ist einfach wundervoll. Und er hat es keinesfalls verdient, mit einem VW verglichen
zu werden. Wem das nicht gefällt, es gibt ja noch zwei weitere Programme.
-Lieselotte L. aus L.-
Der Bericht über David Janssen war eine prima Idee.
-Werner F. aus Göttingen-
Richard Kimble wird bald ein Opa sein, wenn er so weitermacht. Nach den 118 Filmen
müßte doch bald Schluß sein. Aber damit ist ja nach Ihrem Bericht nicht zu rechnen.
-Hannelore S. aus Mülheim/Ruhr-
Gelbes Unterseeboot -- "Hör Zu" Nr. 43 / 1966, S. 10:
Ausländische Schlager haben ihre Vorteile. Da versteht man wenigstens nicht,
wie blöd die Texte sind. Obwohl diese natürlich auch nicht besser sind.
Beispiel: Wir leben alle in einem gelben Unterseeboot.
-Manfred B. aus Essen-
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